Antriebstechnik im IoT

Basis für die digitale Spindel

Das Embedded System Ideas-4S bietet Maschinenbauern eine Basis für die digitale Motorspindel und ermöglicht damit Performance-Steigerungen sowie neue digitale Dienstleistungen. Dr. Jens Falker, Entwicklungsleiter Spindeltechnik bei GMN Paul Müller Industrie, beschreibt im Interview den Nutzen im Detail.
 Idea-4S ist ein Embedded System, das sich unkompliziert in Spindeln und Motoren einbauen lässt.
Idea-4S ist ein Embedded System, das sich unkompliziert in Spindeln und Motoren einbauen lässt.Bild: GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG

Im Jahr 2019 stellte das Unternehmen GMN mit Idea-4S ein Konzept vor, um Spindelmodelle Industrie 4.0-fähig zu machen. Zwei Jahre später ist der Anbieter für Hochleistungsspindeln mit seiner Entwicklung bereits deutlich weiter. Die ‚Integrierte Datenerfassung und Auswertung für Spindeln‘ soll Spindeln und Motoren nicht nur zu Leistungssteigerungen verhelfen. Die kleine Komponente sorgt zudem für die passende IIoT-Anbindung der Antriebskomponenten.

Dr. Jens Falker, Sie bieten Ideas-4S als Digitalisierungsbauteil für Spindeln und Motoren an. Was kann die Lösung?

Dr. Jens Falker: Wir liefern damit ein Embedded System, das sich problemlos in unterschiedliche Antriebskomponenten einbauen lässt. Es ist eine kompakte, leicht integrierbare Lösung, die Spindeln und Motoren in die Lage versetzt, relevante Informationen zu erheben, diese anzureichern und sie zu interpretieren. Ideas-4S ermittelt diese Daten auf einfache Weise und stellt sie mittels bidirektionaler Signale über eine digitale Schnittstelle für einen Austausch und Kommunikation in Produktionsnetzwerken bereit.

 In Spindeln bzw. Motoren sind lediglich die Sensoren und ein wenig Platz für Idea-4S notwendig.
In Spindeln bzw. Motoren sind lediglich die Sensoren und ein wenig Platz für Idea-4S notwendig. Bild: GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG

Was bietet die Lösung dem Anwender?

Mit Idea-4S lassen wir die Nutzer von unserer Erfahrung als Hersteller von Hochleistungsspindeln teilhaben. Die smarte Lösung bewertet die Rohdaten mit unserem Fachblick und mit unserem Knowhow. Wir von GMN können Spindeldaten kontextualisieren. In Ideas-4S lassen wir das Wissen von hundertausenden Spindeln und mehr als 100 Jahren Erfahrung als Spindelhersteller einfließen. Wir können sagen, welche Sensordaten wichtig sind, wir können die gewonnenen Signale miteinander in Zusammenhang stellen und interpretieren. Mit unserer Lösung bekommt der Kunde nicht eine Riesenmenge an Daten, sondern die für seine Spindel oder seinen Motor wichtigen.

 Dr. Jens Falke ist als Entwicklungsleiter Spindeltechnik bei GMN tätig.
Dr. Jens Falke ist als Entwicklungsleiter Spindeltechnik bei GMN tätig.Bild: GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG

Ein Beispiel?

Das System kann dem Anwender etwa auf Anhieb sagen, was unterschiedliche Anstiege von Kühl- und Lagertemperatur bei bestimmten Drehzahlen bedeuten. Unser Embedded System gibt darüber hinaus sofort eine Antwort auf die Frage, ob und wie die Antriebseinheit hierauf reagieren sollte. Langfristig bekommt der Kunde damit also Hinweise, wie er seine Spindel und seinen Motor bestmöglich nutzen kann. Entsprechend werden Performance-Verbesserungen möglich.

Vor zwei Jahren wurde Idea-4S als zusätzliche Ausstattungsoption für GMN-Spindeln angekündigt. Was ist in der Zwischenzeit passiert?

Durch den engen Austausch mit unseren Kunden haben wir die Anforderungen an unser System geschärft. In den vergangenen 24 Monaten konnten unsere Entwicklungsingenieure und -techniker so neue Features beisteuern und umsetzen. Alle Neuerungen haben wir gleich in typischer Maschinentopologie und moderner Steuerungsarchitektur erprobt. Mittlerweile sind wir in verschiedenen Pilotprojekten mit ausgewählten Kunden aktiv und die Resonanz ist sehr gut. Konkrete Anwendungsbeispiele können wir in Kürze vorstellen. Ein Vergleich der Funktionalität mit Marktanalysen rund um das Thema IIoT zeigen uns, dass bereits heute Kunden die mit Idea-4S realisierbaren digitalen Dienste wünschen: 55 Prozent wollen Asset Tracking, 52 Prozent wollen manuelle Prozesse automatisieren und 45 Prozent wollen vorausschauende Wartung. Bislang kommunizieren die meisten Spindeln ausschließlich unidirektional mit der Steuerung, also mit der nächsten Stufe der klassischen Automatisierungspyramide. Für eine vernetzte Fertigung und eine umfassende Automation müssen diese Spindeln zukünftig in der Lage sein, mit sämtlichen Ebenen eines Produktionsnetzwerks bidirektional zu kommunizieren. Dazu müssen sie IIoT-ready sein. Das ist Idea-4S: ein Embedded System, das sich unkompliziert in Antriebskomponenten und moderne Steuerungsarchitekturen integrieren lässt.

Bild: GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG

Wohin geht die zukünftige Entwicklung Ihrer Produkte?

Kurzfristig werden wir weitere Sensoren integrieren. Außerdem entwickeln und implementieren wir erweiterte Funktionen zur Auswertung und Überwachung. Durch die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden rückt die Anbindung in IIoT-Lösungen in den Vordergrund. Hier sehen wir die Grundlage für digitale Dienstleistungen rund um die Spindel, wie umfassende Remote-Analysen oder -Zugriffsmöglichkeiten. So können wir unsere Kunden im Serviceeinsatz schnellstmöglich unterstützten: Im Problemfall vereinfacht sich die Diagnose und Reklamationen können leichter geklärt werden. Das macht zum Beispiel neue Gewährleistungsmodelle möglich. Auf diese Weise wird Idea-4S mittel- bis langfristig dazu beitragen, neue digitale Dienstleistungen zu etablieren. Wenn Anwender das Nutzungsverhalten der Spindel und von Motoren umfassend nachvollziehen und optimieren können, wird es möglich, Ausfälle weitestgehend zu vermeiden.

GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG

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