Single Pair Ethernet als Schlüsseltechnologie der Digitalisierung

Everything goes SPE

Die Digitalisierung in den verschiedensten Industrien nimmt zu und das IIoT wächst stetig. Das bringt mehr Kommunikationsteilnehmer und einen entsprechenden Bedarf an immer schnellerer, lückenloser Vernetzung mit sich. Seit langem bewährt sich Ethernet bei der intelligenten Vernetzung von Geräten in unterschiedlichen Anwendungsfeldern. Künftig kann Single Pair Ethernet z.B. serielle Feldbus-Kommunikationsprotokolle nicht mehr nur ergänzen, sondern sie vollständig ersetzen.
Ein SPE-M8-Steckverbinder wird an die Sensor-Aktor-Box gesteckt: Single Pair Ethernet eignet sich auch für Anwendungsbereiche, die bisher von Limitierungen hinsichtlich Datenraten, Reichweiten und nahtloser Kommunikation betroffen waren.
Ein SPE-M8-Steckverbinder wird an die Sensor-Aktor-Box gesteckt: Single Pair Ethernet eignet sich auch für Anwendungsbereiche, die bisher von Limitierungen hinsichtlich Datenraten, Reichweiten und nahtloser Kommunikation betroffen waren.Bild: Phoenix Contact GmbH & Co. KG

Bislang in unterschiedlichen Industrien genutzte Ethernet-Lösungen benötigen traditionell zwei, bei GBit-Ethernet und höheren Datenübertragungsraten sogar vier Adernpaare. Single Pair Ethernet hingegen funktioniert mit nur einem Adernpaar und kann dabei sowohl Daten als auch Leistung übertragen. Die Übertragungsraten dieser Technik – 10MBit/s bei einer maximalen Übertragungslänge von 1.000m bis hin zu 1GBit/s bei einer maximalen Übertragungslänge von 40m – reichen selbst für anspruchsvollste Aufgaben aus, etwa beim intensiven Einsatz vernetzter Sensorik mit Scannern oder Kameras. Damit eignet sich Single Pair Ethernet zur Verwendung in vielen Bereichen, die zuvor von Limitierungen hinsichtlich Datenraten, Reichweiten und nahtloser Kommunikation betroffen waren.

 Bereits heute fallen in einer durchschnittlichen Fabrik etwa 1TB Daten pro Tag an - Tendenz steigend.
Bereits heute fallen in einer durchschnittlichen Fabrik etwa 1TB Daten pro Tag an – Tendenz steigend.Bild: Phoenix Contact GmbH & Co. KG

Verbindungen von bis zu 1.000m

Als wesentliche Einschränkung herkömmlicher Standard-Ethernet-Lösungen gilt etwa die maximale Länge von 100 Metern für eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Um größere Distanzen in Industrieanlagen zu bewältigen, z.B. bei Fließ- und Förderbändern, mussten bisher zusätzliche Repeater oder Switches eingebaut werden – störungsanfällige Schnittstellen, die zusätzlichen Wartungsaufwand bedeuten. Die SPE-Technologie dagegen ermöglicht es, verschiedene Geräte mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 10MBit/s über eine Entfernung von bis zu 1.000m über ein Kabel zu verbinden und optional die Power-over-Data-Line-(PoDL)-Technologie zu nutzen. Damit lassen sich auch spezifische Feldbus-Technologien künftig durch SPE-Lösungen mit Datenraten bis 10MBit/s ersetzen. Komplexe Netzwerk-Topologien mit Gateways zur Verbindung unterschiedlicher Systeme lassen sich mit Single Pair Ethernet durchgängig aufbauen und mit einheitlichen Ethernet-Diensten betreiben. Mit Übertragungsgeschwindigkeiten von 10MBit/s bis zu 1GBit/s kann SPE die Anforderungen unterschiedlichster Anwendungen erfüllen. Zudem diskutieren derzeit die IEEE 802.3-Konsortien weitergehende SPE-Standards für höhere Datenraten mit 10GBit/s und mehr für kurze Distanzen (<15m), sowie 100MBit/s bzw. 1GBit/s mit einer Länge von bis zu 500m. Diese neuen Standards öffnen das Spektrum von SPE für weitere Applikationsbereiche.

 SPE eignet sich gut, um die Daten aus einer Vielzahl von Anwendungen in einem Gebäude zu bündeln und weiterzuleiten.
SPE eignet sich gut, um die Daten aus einer Vielzahl von Anwendungen in einem Gebäude zu bündeln und weiterzuleiten.Bild: Phoenix Contact GmbH & Co. KG

Lückenlose und sichere Datenkommunikation

Klassische Industrieanlagen z.B. verfügten bisher oft über ein Ethernet-Netzwerk sowie eine größere Zahl von Feldbus-Systemen auf der Feldebene. Das Aufkommen des Industrial Internet of Things mit der Notwendigkeit, Feldbusse durch effizientere Kommunikationssysteme zu ersetzen, lässt diese etablierten Anordnungen hinfällig werden. Eine ähnliche Verschiebung lässt sich in jedem Anwendungsbereich beobachten, der eine lückenlose Kommunikation zwischen Sensoren und/oder Netzwerken verlangt. Für solche Einsatzzwecke ist eine nahtlose, sichere Datenverbindung entscheidend.

Bestehende Kabelinfrastrukturen lassen sich für SPE nutzen, wenn sie die Anforderungen erfüllen.
Bestehende Kabelinfrastrukturen lassen sich für SPE nutzen, wenn sie die Anforderungen erfüllen. Bild: Phoenix Contact GmbH & Co. KG

Kostengünstige Fabrikautomation

Bereits heute fällt in einer durchschnittlichen Fabrik etwa ein Terabyte Daten pro Tag an – Tendenz steigend. Für die effektive Auswertung von Daten ist eine kontinuierliche Kommunikation unabdingbar. Hier kann SPE für eine durchgängige Vernetzung vom Sensor bis zur Cloud sorgen. Auch angesichts von immer mehr Sensorik und intelligenter Endgeräte in Industrieanwendungen bietet SPE die ideale Verkabelung – einfach, sicher, kompakt und kosteneffektiv: Beim Aufbau von Infrastrukturen werden SPE-Lösungen künftig wesentlich günstiger sein als die heute üblichen Kombinationen von Bus- und Ethernet-Komponenten.

Das Phoenix-Contact-Beratungsteam zum Thema Single Pair Ethernet und Datenkommunikation: Tim Kindermann, Verena Neuhaus und Guadalupe Chalas
Das Phoenix-Contact-Beratungsteam zum Thema Single Pair Ethernet und Datenkommunikation: Tim Kindermann, Verena Neuhaus und Guadalupe ChalasBild: Phoenix Contact GmbH & Co. KG

SPE und Roboter

Beim Einsatz von autonomen und kollaborativen Robotern bietet SPE viele Vorteile. Durch die höhere Datenübertragungsrate als bei herkömmlichen Feldbussystemen funktioniert die Kommunikation zwischen Roboter und Steuerungseinheit mit gesteigerten Abtastraten und größerem Datenaufkommen. Hinzu kommt die vereinfachte Verkabelung mit Daten und Energie in einer Bahn. Für über die definierten PoDL-Standards hinausgehende Leistungsanforderungen werden künftig auch hybride SPE-Lösungen zur Verfügung stehen, mit Daten- und Leistungskontakten in einem Steckverbinder. Die Reduzierung der Anzahl von Kabeln und Verbindungen trägt zu weniger Ermüdungsausfällen, schnellerer Fehlerbehebung und einfacherer Wartung bei. Durch den geringeren Biegeradius im Vergleich zu bisherigen Automatisierungskabeln kann SPE zudem eine wesentliche Optimierung bei der Auslegung des Roboterhandlings bewirken.

Echtzeit-Steuerung mit SPE

Neu errichtete oder umgebaute intelligente Gebäude stehen für hohe Ansprüche an Sicherheit und Effizienz. Um die dafür benötigten Daten in Echtzeit verarbeiten zu können, müssen IoT-Geräte wie Sensoren, Thermostate oder Kamerasysteme kontinuierlich mit der Cloud kommunizieren. Single Pair Ethernet ist ideal geeignet, um die Daten aus einer Vielzahl von Anwendungen in einem Gebäude bündeln und weiterleiten zu können. SPE-Komponenten sind zudem wesentlich kompakter als die bisher gängigen RJ45-Steckverbinder – so lässt sich die Anschlussdichte von Netzwerkgeräten im Gebäude erhöhen. Der 10BASE-T1S-Standard mit Multidrop-Fähigkeit schließlich erlaubt es – analog zur traditionellen Busstruktur – eine Reihe von Sensoren als Linientopologie miteinander zu verbinden und somit von einem Gerät zum anderen springen zu können, um alle mit dem Netzwerk zu verbinden. Damit ist die Grundlage für die Netzwerkanbindung von Licht-, Temperatur-, Rauch- oder Luftsensoren sowie Steuerungen für Fenster und Rollläden geschaffen. Die Vereinheitlichung von OT und IT auf derselben Plattform eröffnet eine größere Produktauswahl, vereinfacht die Wartung und senkt die Kosten.

SPE als Basis für nachhaltige Energie-Lösungen

Intelligentes Datenmanagement ist eine entscheidende Voraussetzung für nachhaltige Energie. Windturbinen oder PV-Anlagen müssen generierte Energie zu jeder Zeit messen und mit dem intelligenten Energienetz synchronisieren können. Dadurch ergeben sich neue Herausforderungen. Bei heutigen Windenergieanlagen z.B. ist eine Datenverbindung von der Gondel bis zum Boden der Anlage aufgrund Höhen von oft über 100 Metern mit üblichen kupferbasierten Ethernet-Verbindungen nicht möglich, hier favorisieren Betreiber derzeit noch Glasfaser- oder drahtlose Lösungen. SPE stellt eine praktikable Lösung für solche Verbindungen dar. Auch in Solarparks oder Power-to-Grid/Gas-Anlagen bestehen oft Entfernungen von mehr als 100m zwischen wichtigen Anschlusspunkten. Hier kann Single Pair Ethernet ebenfalls durch eine erhöhte Reichweite punkten.

Prozessautomation und SPE

In der Prozessautomation, etwa im Öl- oder Gassektor, geht es oft um riesige Areale mit sehr großen Gebäuden oder Tanks. Die vollständige Statusübersicht und Fernsteuerung aller weltweiten Standorte mit konsistentem Datenfluss vom Sensor bis in die Cloud oder ERP-Systeme ist dabei für viele Unternehmen unabdingbar. SPE kann für effiziente Netzwerkstrukturen sorgen, ohne dass Netzwerkgeräte zur Signalmodulation oder Gateways dazwischengeschaltet werden müssen. Auch hier bietet Power-over-Data-Line (PoDL) in Kombination mit SPE die Vorteile einer simultanen Daten- und Leistungsübertragung.

Die auf SPE basierende APL-Technologie

Für den hochsensiblen Bereich der Automatisierung existiert mit Advanced Physical Layer (APL) ein eigener SPE-Standard. Er ist die ideale Lösung für die Prozessindustrie, um die hohen Anforderungen an die Daten- und Leistungsübertragung auch im explosionsgeschützten Bereich (Zonen 0, 1 und 2) erfüllen zu können. APL verwendet den 10BASE-T1L-Standard aus der IEEE802.3cg zusammen mit dem IEC TS60079-47, 2021-03 (2-WISE) Standard (2-WISE = 2-Wire Intrinsically Safe Ethernet) und unterstützt damit Methoden des Explosionsschutzes inklusive der Eigensicherheit. Die Technologie ermöglicht u.a. die Überbrückung großer Distanzen (Trunk-Länge bis 1.000m, Spurs bis 200m), die Interoperabilität von Geräten und Systemen verschiedener Hersteller sowie die Erfassung und Analyse zahlreicher Zusatzdaten für Maßnahmen wie Predictive Maintenance. Insbesondere für den Öl-, Gas- und Chemiesektor ergeben sich mit APL neue Lösungen der effizienten, zukunftssicheren Strukturierung von Netzwerken – oder auch zur kostengünstigen Modernisierung von Anlagen unter Einbindung vorhandener Verkabelungen und Ethernet-Protokolle wie Ethernet/IP, HART-IP, OPC UA und Profinet.

Viel Erfahrung und Inhouse-Lösungen

Es existieren viele weitere Bereiche, in denen -IP-basierte Netzwerke mit Single Pair Ethernet sinnvolle Ergänzungen oder Neukonstruktions-Lösungen darstellen können – im Prinzip alle Anwendungen, die eine durchgängige und IP-basierte Kommunikation bei hoher Reichweite und beschränktem Platzangebot verlangen. Das Unternehmen Phoenix Contact hat sich schon früh mit dem großen Potential von Single Pair Ethernet beschäftigt. Die Experten kennen sich mit den verschiedensten Geräteschnittstellen ebenso aus wie mit der Verkabelung zu aktiven Netzwerkkomponenten, von der Sensorik im Feld bis zum PC im Büro. Die Möglichkeiten dieser Schlüsseltechnologie sind riesig. Als Pionier im weitläufigen Gebiet der Digitalisierung bietet das Unternehmen das gewachsene Wissen, die passenden Tools und individuellen Services, um Single Pair Ethernet für die Herausforderungen der Zukunft in den verschiedensten Bereichen um- und einzusetzen.

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