Servoantriebe aus dem Bauskastenfür kundenspezifische Anwendungen

Sieben auf einen Streich

Die Servoantriebsplattform KannMotion hat sich weiterentwickelt: Zum einen durch neue kundenspezifische Funktionen, zum anderen durch die steigende Akzeptanz am Markt. Welche Vorteile die Integration von sieben Einzeleinheiten in einem Gesamtsystem in Sachen Einkauf, Lieferkette oder Wartung bietet, zeigen Anwendungen in der Praxis.
 KannMotion-Steuerung bzw. Platine
KannMotion-Steuerung bzw. PlatineBild: Koco Motion GmbH

Koco Motion und Adlos, die Firmen hinter KannMotion, entwickeln die Servoantriebsplattform ständig weiter. „Manchmal zieht eine Kundenanforderung sogar eine Verbesserung des Gesamtsystems nach sich. Wir übertragen solche Anpassungen dann in die Serie bzw. die daraus resultierende Firmware“, sagt Thomas Vogt, Geschäftsführer von Adlos. „Momentan finden sich die Entwicklungsschritte eher im Verborgenen – in Reaktions- bzw. Latenzzeiten oder Regelungen. Wenn diese zu einem besseren Ergebnis führen, stellen wir die Abläufe allen Kunden zur Verfügung.“ Ein Update auf neue Funktionen ist intuitiv über das Tool KannMotion-Manager durchführbar.

Das Grundprinzip von KannMotion sorgt für niedrige Total Cost of Ownership (TCO). Viele sonst benötigten Einzelkomponenten wie Encoder, Steuerung oder Verkabelung reduzieren sich auf ein integriertes Gesamtsystem. Gleichzeitig bieten die Antriebe nur die Eigenschaften, die in der jeweiligen Applikation gefordert sind. Das System arbeitet auch im Dauerlauf zuverlässig und lässt sich über Befehle oder Ablaufpläne programmieren. Der aus einem DC-Motor oder Schrittmotor mit integriertem Singleturn-Absolut-Encoder und einer direkt angebauten Schrittmotorsteuerung bestehende Closed-Loop-Antrieb ist einfach aufgebaut. Er verfügt über digitale I/Os und einen analogen Eingang. Trotz der Integrationsdichte benötigt das Antriebssystem nur einen geringen Bauraum. In der integrierten Steuerung können komplexe Programme abgelegt und aufgerufen werden, die Eingangssignale lassen sich integrieren. Die Ausgangssignale können weiteren Einheiten als Eingang dienen. So lassen sich eine Reihe von Bewegungen in einer Maschine automatisieren.

Die Eingänge, Ablaufprogramme und die eingesetzte Software sind für Schrittmotor und Gleichstrommotor gleich. Die Stepper-Ausführung gibt es in den Flanschgrößen Nema 11, 14, 17, 23, 24 und 34 mit Drehmomenten von 0,05 bis 12Nm. Die Versorgungsspannung kann zwischen 12 bis 48V betragen und es gibt eine Steuerungsbauform für einen maximalen Phasenstrom von 10A. Das sorgt für einen hohen Output des Schrittmotors mit einem stabilen Drehmoment über einen großen Drehzahlbereich und ein dynamisches Verhalten. Die bürstenbehaftete DC-Variante eignet sich für hochdynamische Anwendungen ohne Getriebe oder kraftvolle und kompakte Einsätze mit Getriebe. Die Abmessungen der Steuerung betragen 42x42mm, der Leistungsbereich umfasst 45V und bis zu 2A Motorstrom (mit Kühlung sind bis zu 4A möglich).

Eine Plattform – unzählige Anwendungen

Die KannMotion-Plattform besteht aus 80 Prozent Standardbausteinen, die sich nach dem Baukastenprinzip kombinieren lassen. Die intuitive Programmierung von Abläufen machen den Antrieb besonders prädestiniert für dezentrale Insellösungen ohne aufwendige übergeordnete Steuerungen. Das Konzept eignet sich besonders für kostengünstige, individuelle Lösungen ab kleinen Serien.

Mögliche Anwendungen sind z.B. Positionierungen, geregelte Dauerläufe oder programmierte Bewegungsabläufe. Mit dem DC-Motor sind selbst sehr einfache Anwendungen automatisierbar. Oft nur aus einer Achse bestehend, erhält der Antrieb auf verschiedene Gegebenheiten hin ein Signal zur weiteren Verarbeitung. Ein fest hinterlegtes Programm, das abgefahren wird, ist hier genauso eine Option wie eine von der am Analogeingang angelegten Spannung abhängige Position. Beispiele sind Regelventile, Stellventile oder der Antrieb einer Achse mit unterschiedlichen Drehzahlen. Mit der Auswertung der Analogspannung am Eingang kann u. a. auch eine Drehzahl, abhängig von der angelegten Spannung, variieren. Das ermöglicht nicht nur eine Regelung der Position sondern auch der Drehzahl. Ein besonders interessanter Einsatzfall ist der Austausch von pneumatischen Lösungen durch elektrische Antriebe. Die Spannungsversorgung liegt hier oft bei 24V. Sie kann über die I/Os verarbeitet werden. Das macht den Umbau einfach und kostengünstig. Häufig können die Anwendungen ohne größere Änderungen in der vorhandenen Infrastruktur eingesetzt werden. Auch wenn die Leistung eines elektrischen Antriebs oft geringer ist als die des pneumatischen Pendants, so reicht sie doch für sehr viele Anwendungen aus. Die stufenlos einstellbare Hublänge lässt sich über die Schnittstelle oder das Programm einfach anpassen.

Frisches Brot auf Knopfdruck

Das Beispiel einer automatisierten Backwaren-Verkaufsstation verdeutlicht das Einsparpotential des Servomotors. Das Brot im transparenten Verkaufsstand wird über eine Glastür für den Kunden zugänglich. Dazu muss er den Öffnungsmechanismus betätigen, indem er leicht auf die Tür drückt. Sobald das geschieht, startet ein vorprogrammiertes Ablaufprogramm. Der Druck auf die Tür wird von der KannMotion-Steuerung durch den integrierten Absolut-Encoder erkannt – das Ablaufprogramm startet und öffnet die Tür. Nach Ablauf der einprogrammierten Zeit schließt sich die Tür wieder. Kann sie aufgrund eines Hindernisses nicht in ihre Endposition zurückfahren, sendet der Encoder ein Signal an die Steuerung, das die Tür zurück in die offene Position schickt. Nach einer definierten Zeit startet der Schließvorgang von Neuem. Dieses Ablaufprogramm wird ausschließlich vom KannMotion-System gesteuert. Eine übergeordnete Steuerung ist nicht notwendig.

„Die ursprüngliche Lösung des Antriebs mit sieben Komponenten verursachte nicht nur Kosten für Konzeptionierung und Entwicklung, Einkauf, Wartung und Support, sondern stellten jeweils auch eine potenzielle Fehlerquelle dar“, gibt Vogt zu bedenken. Die verschiedenen Lieferanten für die Bauteile trieb den Aufwand zusätzlich in die Höhe. Mit der KannMotion-Konstruktion haben sich der Wartungsaufwand reduziert und die Zuverlässigkeit erhöht. Die nicht benötigte Verkabelung stellt zudem auch keine Fehlerquelle mehr dar.

So geht es weiter

„Mit KannMotion haben wir ein Produkt in mehreren Größen für den Markt entwickelt. Dabei war die Miniaturisierung auf eine Platinengröße von 28x28mm, also Nema 11, eine größere Herausforderung“, blickt Olaf Kämmerling, Geschäftsführer von Koco Motion, zurück. Diese Steuerung sollte die Funktionalität der größeren Nema-17-Schwester mit 42x42mm enthalten und bietet sich dadurch für Anwendungen mit wenig Platz an. Auch künftig sollen Weiterentwicklungen von KannMotion unter Berücksichtigung der Anwenderwünsche erfolgen. Dazu stehen verschiedene Controllerboards zur Verfügung. „Wir entscheiden zusammen mit dem Anwender anhand seiner Anforderung, welche Version zum Einsatz kommt und ob etwas anzupassen ist“, sagt der Koco-Motion Geschäftsführer. Das Potenzial für KannMotion sei gewaltig, denn er bewege einfach alles: vom Getränkeautomaten oder Greifer in der Automation von Maschinen, Anlagen und Geräten, über automatisch verstellbare Kopfstützen im ärztlichen Behandlungsstuhl bis hin zum Karottenschäler oder Musikinstrument. Seine Einsatzfelder sind also nicht nur industrieller Natur.

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