Methodenentwicklung zur besseren Verfügbarkeit eines Maschinenparks

Vom Shopfloor bis ins Management

Die aktuelle vierte industrielle Revolution befasst sich im Wesentlichen mit der Vernetzung eines Maschinenparks, sowie dem Sammeln von Daten. Neben der Erfassung stehen die Auswertung und Kanalisierung dieser Daten im Vordergrund. Betrachtet wird in diesem Kontext eine entwickelte Methodik, welche als Ziel die Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen stärkt. Bei dieser Methodik steht das Instandhalten eines Maschinenparks in einem mittelständischen und großen Unternehmen im Fokus.
 Basierend auf IO-Link-Metadaten soll eine Entscheidungsgrundlage geboten werden, die Investitionen in neue Technologien rechtfertigt.
Basierend auf IO-Link-Metadaten soll eine Entscheidungsgrundlage geboten werden, die Investitionen in neue Technologien rechtfertigt.Bild: JNM-Tec

Das Grundkonzept beruht auf der Erfassung von IO-Link-Sensordaten. Diese werden durch einen kaskadierten Aufbau von Produkt, Maschine und Sensor priorisiert, um daraufhin dem Management eine Entscheidungsgrundlage zu bieten, welche zum einen Investitionen in neue Technologien rechtfertigen und zum anderen dazu dienen zwischen präventiven, zustandsorientierten und reaktiven Instandhaltungsmanagement unterscheiden zu können.

IO-Link als Datengrundlage

Neben dem Ermitteln von Nutzdaten können über die Schnittstelle IO-Link ebenfalls Metadaten übertragen werden. Diese Metadaten enthalten die Informationen über den Zustand des Sensors. Welche Metadaten für einen Sensor zur Verfügung stehen wird in der IODD (IO-Device Description Datei) beschrieben.

Das Nutzsignal

Anhand des Nutzsignals entscheidet die übergeordnete Steuerung (SPS), welche Aktion aufgrund der vorliegenden Informationen als nächstes zu erfolgen hat. Die Nutzsignale dienen dazu, das Produkt in der definierten Qualität zu produzieren und diese Qualität nachweisen zu können.

Die Metadaten

Anhand von Sensormetadaten kann in Bezug auf den Sensor der Status des aktuellen Zustands ermittelt werden. Diese Daten werden genutzt, um eine Übersicht über den Anlagenzustand zu erstellen sowie je nach gewählter Instandhaltungsstrategie Einsätze zu planen und somit die Maschinenverfügbarkeit zu erhöhen.

Instandhaltungsstrategien

Die präventive Instandhaltung befasst sich mit dem Austauschen von Sensorik, bevor diese das Ende ihres Lebenszyklus erreicht hat. Das Ziel dieser Strategie ist es ungeplante Produktionsausfälle zu vermeiden. Nachteil dieser Strategie ist der hohe Materialkostenaufwand da Sensorik ausgetaucht wird die potentiell noch mehrere Jahre funktionsfähig ist.

Die reaktive Instandhaltung beschreibt den Austausch von Sensorik nach Ende des Lebenszyklus. Der Austausch findet erst statt, wenn die Sensorik ausgefallen ist. Das Ziel dieser Strategie ist es, die verfügbaren Ressourcen (Personal, Hardware) gezielt dort einsetzen zu können, wo diese gerade benötigt werden. Die reaktive Instandhaltung erfordert ein hohes Maß an Flexibilität in der Personaleinsatzplanung und birgt das Risiko ungeplanter Maschinenstillstandszeiten.

Die Zustandsorientierte Instandhaltung ist eine Kombination aus der reaktiven und präventiven Strategie.

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Bild: JNM-Tec
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Priorisierung des Maschinenparks zur Festlegung der Instandhaltungsstrategie

Entscheidet sich das Instandhaltungsmanagement für den zustandsorientierte Instandhaltungsansatz, muss zunächst das Verhältnis von reaktiver und präventiver Instandhaltung geklärt werden. Dazu werden die beiden folgenden Fragen beantwortet.

  • In welcher Weise priorisiere ich den Maschinenpark?
  • In welcher Weise priorisiere ich die Sensorik in der jeweiligen Maschine?

Der Maschinenpark mit entsprechender Sensorik wird auf Produktebene priorisiert. Dies kann als kaskadierter Aufbau verstanden werden. Die äußere Kaskade beschreibt das zu fertigende Endprodukt. Die mittlere Kaskade priorisiert die für die Herstellung des Produktes notwendigen Maschinen, während die innerste Kaskade die Sensorik auf Maschinenebene priorisiert.

Zur Festlegung der Prioritäten werden die folgenden Eigenschaften berücksichtigt.

  • Die vom Produzenten vorgegebene Maschinenverfügbarkeit (als Prioritätslevel 1-4 angenommen)¹
  • Die durch die Methodik entwickelte Priorität (als Prioritätsgruppe A-D angenommen)²
  • Quantifizierung von qualifizierenden Fragen hinsichtlich des Produktes und der Qualität
  • Ermittlung der Kennzahlen ‚Stand der Technik‘ und ‚Komplexität der Maschine‘
  • Ermittlung der Dauer der geplanten Instandhaltung/Maschine

Die Produkt – und Maschinendefinition wird durch den Produzenten durchgeführt. In diesem Schritt wird festgehalten, welches Produkt welche Maschine zur Herstellung benötigt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Reihenfolge beliebig.

Die eigentliche Maschinenpriorisierung findet durch die Bepunktung (MP = Maschinen-Punkte) von definierten Fragen statt. Die Summe dieser ermittelten Punkte ergibt die Prioritätsgruppe A-D für die ausgewählte Maschine.

Neben den definierten Fragen, werden zwei Kennzahlen eingeführt und ebenfalls bepunktet:

  • Stand der Technik beschreibt das Verhältnis der verbauten IO-Link Sensorik zur gesamten verbauten Sensorik in Prozent. Diese Kennzahl repräsentiert die Anzahl an verfügbaren Daten für eine Maschine und somit auch die Datengrundlage. Je höher der Stand der Technik ist, desto geringer ist die Zeit von Instandhaltungseinsätzen an der Maschine selbst. Die präventive Instandhaltung kann zu großen Teilen durch im Hintergrund automatisierte Prozesse ablaufen, welche Rückmeldung geben, wenn einer der Sensoren außerhalb von Warn – oder/und Eingriffsgrenzen liegt.
  • Komplexität der Maschine beschreibt das Verhältnis der verbauten Sensorik bezogen auf die projizierte Maschinenfläche. Die betrachtete Komplexität bezieht sich ausschließlich auf die verbaute Hardware und ist ein Indiz für die potentiell benötigte Zeit eines Instandhaltungseinsatzes auf dem Shopfloor. Komplexitäten hinsichtlich der Steuerung werden an dieser Stelle nicht betrachtet, da in der Regel hier koordinierte übergeordnete Projekte stehen und diese somit nicht in den ‚alltäglichen‘ Einsatzgebiet des Instandhalters liegen.

Anhand der definierten Prioritätsgruppe, dem durch den Produzenten vorgegebenen Prioritätslevel und der geplanten Produktionszeit, kann eine Instandhaltungsdauer für präventive Maßnahmen errechnet werden.

Generell gilt, je höher der ‚Stand der Technik‘ einer Maschine ist und je geringer die ‚Komplexität der Maschine‘ ist, desto weniger vorbeugende Instandhaltungsdauer muss geplant werden, da die Datengrundlage der Maschine aussagekräftig genug ist, um zielgerichtetere Maßnahmen an der Sensorik vorzunehmen. Ziel ist es die Instandhaltungsdauer an der Maschine selbst bei mindestens gleichbleibender Anlagenverfügbarkeit zu reduzieren. Somit werden die Kosten für ungeplante und geplante Einsätze und Maschinenstillstandszeiten reduziert.

Priorisierung der Sensorik innerhalb einer Maschine

Die Priorisierung der Sensorik (innere Kaskade) basiert auf dem gleichen Prinzip. Die quantitative Betrachtung von qualifizierenden Fragen hinsichtlich der Sensorik-Eigenschaften bezogen auf das zu fertigende Produkt, werden in ein Punktesystem überführt. Der wesentliche Unterschied ist, dass die Priorisierung ausschließlich nach der ermittelten Gruppe erfolgt, da es in der Regel keine Vorgaben seitens des Produzenten für einzelne Sensorik gibt.

Generell empfiehlt es sich die Kaskaden von innen nach außen abzuarbeiten, da eine Änderung der inneren Kaskade (bspw. Austausch von Sensorik) eine Änderung der übergeordneten Kaskade (Priorisierung der Maschine auf Produktebene) bewirkt.

Bild: Jnm-tec

Vorbereitung von Investitionsentscheidungen

Wird die Methodik auf den Maschinenpark ausgerollt, können neben der Festlegung der Instandhaltungsdauer zusätzlich für jede Maschine Investitionsentscheidungen für das Management vorbereitet werden. Hierbei wird durch die ermittelte Instandhaltungsdauer der Kostensatz berechnet. Im einfachsten Fall besteht dieser aus den Mitarbeitern, die den Einsatz ausführen, multipliziert mit der benötigten Zeit.

Im dargestellten Beispiel wird eine der betrachteten Maschinen mit neuer IO-Link fähiger Sensorik ausgestattet. Hierdurch verändert sich die Kennzahl ‚Stand der Technik‘ insofern, dass die Maschine in eine neue Prioritätsgruppe eingestuft wird. Dies hat zur Folge das die ‚Dauer der Instandhaltung‘ sich ebenfalls für die Maschine reduziert. Dieses Rechenbeispiel geht von einer Investitionssumme von 10.500€ aus und stellt die über fünf Jahre kumulierten Kosten ohne das Investment und mit dem Investment gegenüber.

Es werden ausschließlich die direkt anfallenden Personalkosten für den Instandhaltungseinsatz berücksichtigt. Es wird bei den vorbeugenden Instandhaltungsarbeiten davon ausgegangen, dass zwei Mitarbeiter (bspw. Schlosser und Elektriker) die vorbeugende Instandhaltung ausführen. Geplante oder ungeplante Maschinenstillstandskosten werden nicht berücksichtigt.

Mit Verwendung der Methodik und der Nutzung der IO-Link Metadaten ist so eine Kommunikation vom Management bis auf Maschinen-Sensorebene möglich.

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