Elektromechanische Aktuatoren in Hochgeschwindigkeitszügen

Antriebstechnik für mehr Reisekomfort

Die moderne Bahntechnik stellt hohe Anforderungen an die verbauten Antriebe. Das gilt nicht nur in Bezug auf Leistung oder Sicherheit, sondern auch hinsichtlich des Komforts der Fahrgäste. Wenn es - wie bei den neuen Shinkansen-Baureihen - dann zu einem Technologiewechsel kommt, empfiehlt sich ein Partner, der in allen Bereichen der Antriebstechnik entsprechende Erfahrung und Lösungen mitbringt.
Prinzipskizze Neigungsregelungssystem
Prinzipskizze NeigungsregelungssystemBild: Moog GmbH

Hochgeschwindigkeitszüge nutzen ein System, um auf Fahrzeugneigung oder ein Fahrzeugpendeln Einfluss zu nehmen sowie um Vibrationen zu dämpfen. Ohne dieses würde jeder Fahrgast beim Durchfahren von Kurven durch die Zentripetalkraft in den Sitz gedrückt, was als unangenehm und wenig komfortabel empfunden wird. Gleiches gilt für natürlich auch für spürbare Vibrationen im Waggon.

Bislang verwenden verschiedene japanische Bahnbetreiber in ihren Zügen lediglich eine halbaktive Pendelregelung, die sich auf einen variablen Öldämpfer stützt. Doch als die East Japan Railway Company beschloss, die Höchstgeschwindigkeit ihrer Shinkansen-Züge auf 360 km/h zu erhöhen, funktionierte die Grundabstimmung des Systems nicht mehr: Die Ingenieure mussten mehr Kraft über ein breiteres Frequenzband aufbringen, um Vibrationen und Pendelbewegungen für die Passagiere wieder zu reduzieren. Das war mit bisheriger Technologie nicht mehr zu leisten, vor allem wenn es darum geht, den Komfort und die Stabilität der Hochgeschwindigkeitszüge zusätzlich kontinuierlich zu verbessern.

Moog Schnittmodell Rollengewindespindel als Herzstück des EMA
Moog Schnittmodell Rollengewindespindel als Herzstück des EMABild: Moog GmbH

Pendelbewegungen halbiert

Bei dieser Aufgabe unterstützt Antriebsanbieter Moog die East Japan Railway Company, indem sie elektromechanische Aktuatoren, Planetenrollengewindetriebe und Antriebssysteme für das aktive Neigungsregelungssystem der Shinkansen-Baureihen E5 und E6 bereitstellt. Das vollelektrische System reduziert die Pendelbewegungen um bis zu 50 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen pneumatischen und hydraulischen Lösungen.

Dabei ist ein Electro Mechanical Actuator (EMA) von Moog reaktionsschneller und stellt höhere Kräfte bereit als die vormals verbauten Fluid-Antriebslösungen. Parallel war die Kompaktheit des Gehäuses für das Steuerungssystem ein ausschlaggebender Faktor, dass sich das Betreiberunternehmen zur erneuten Zusammenarbeit mit Moog entschieden hat. Darüber hinaus benötigen elektromechanische Systeme wesentlich weniger Komponenten. Der Ersatz alter ölpneumatischer Pendelregelungen resultiert so in höherer Zuverlässigkeit und deutlich reduziertem Wartungsaufwand.

Bild: ©chanchai/stock.adobe.com

Die Funktion im Detail

Sobald ein Beschleunigungsmesser ein seitliches Pendeln/Neigen eines Zugwagens erkennt, sei es aufgrund der Schienen, des Luftstroms oder anderer Faktoren, wird in den aktuellen Systemen umgehend die notwendige Kraft berechnet, um der Bewegung entgegenzuwirken. Diese Information wird unmittelbar von der Steuerung an den Moog-Motor in den EMA gesendet, der Gegenbewegung schnell und präzise umsetzt. Jeder Radsatz im Zug besteht aus einem Drehgestell oder Chassis mit zwei Achsen, also insgesamt vier Rädern, und verfügt über einen elektromechanischen Aktuator und einen passiven Dämpfer, um seitliche Pendelbewegungen oder Vibration zu dämpfen.

Das Herzstück jeder EMA-Einheit ist ein Moog-Rollengewindetrieb. Diese Spindeln bieten aufgrund der Anzahl der Kontaktpunkte zwischen den Rollen und der Leitspindel eine außergewöhnliche mechanische Steifigkeit und Bewegungspräzision. Dadurch kann der Aktuator höhere Lasten tragen als herkömmliche Linearaktuatoren, die zudem größer sind und oft Überhitzungsprobleme aufweisen.

„Moog ist technologieneutral und verfügt über tiefes Knowhow zu sämtlichen Stärken und Schwächen verschiedener Bewegungstechnologien“, betont Enrico Bagnasco, Product Content Developer bei Moog. „Das ist entscheidend wenn ein Unternehmen den Wechsel von einer Technologie zur anderen in Betracht zieht. Unsere langjährige Beziehung zu Japan Railway East und der bewährte Einsatz von Moog-Produkten an Bord der Shinkansen-Züge sprechen natürlich auch für uns als passendem Partner.“

 Schnittmodell der Rollengewindespindel als Herzstück des Electro Mechanical Actuator von Moog
Schnittmodell der Rollengewindespindel als Herzstück des Electro Mechanical Actuator von Moog Bild: Moog GmbH

Antriebspartner für viele Industriebranchen

Moog ist als Entwickler, Hersteller und Integrator von Antriebs- und Steuerungskomponenten und -systemen global tätig. Die Unternehmensgruppe positioniert sich dabei mit zuverlässigen Produkten, Lösungen und Dienstleistungen unter Verwendung von Motion-Control- sowie Power/Data-Technologien. Das Anwendungsspektrum reicht vom Maschinen- und Anlagenbau bis zu Industriebereichen wie Energietechnik oder Schiffbau.

Seiten: 1 2Auf einer Seite lesen

Moog GmbH

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Gorodenkoff - stock.adobe.com
Bild: Gorodenkoff - stock.adobe.com
Konkrete Vorteile durch TSN für die Industrie

Konkrete Vorteile durch TSN für die Industrie

Das Potenzial von transformativen Digitaltechnologien gemäß Industrie 4.0 ist in der Industrie unumstritten. Allerdings ist das damit verbundene große Datenaufkommen ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bergen diese Datenmengen ein Potenzial, das in Form wertvoller Informationen zur Prozessoptimierung verwendet werden kann. Andererseits drohen diese Datenmengen, sofern sie nicht gut gehandhabt werden, zu einer Datenflut anzuwachsen, die Unternehmen überfordert und somit mehr Probleme schafft, als sie löst.

Bild: ©jamesteohart/shutterstock.com / Softing Industrial Automation GmbH
Bild: ©jamesteohart/shutterstock.com / Softing Industrial Automation GmbH
Maschinenkonnektivität – als Teil von Edge Computing

Maschinenkonnektivität – als Teil von Edge Computing

Edge Computing ist ein Trendthema in der industriellen Produktion. Ausgehend von einer Definition des Begriffs Edge beschreibt dieser Artikel den aktuellen Stand der Technologie- und Marktentwicklung rund um Industrial Edge Computing. Besondere Berücksichtigung finden der Zusammenhang von Maschinenkonnektivität und Edge, sowie Fragen nach Betriebskonzepten und Skalierbarkeit von Industrial-IoT-Lösungen.

Bild: VDMA e.V.
Bild: VDMA e.V.
Von der Datatur 
zur Datokratie

Von der Datatur zur Datokratie

Maschinenbau und Elektrotechnik bilden die zwei Standbeine der industriellen Produktion. Zusammen stehen beide Branchen hierzulande für über 10.000 Unternehmen und über zwei Millionen Beschäftigte. Deutschland bildet folglich bislang das Gravitationszentrum und die Innovationsquelle der industriellen Automatisierung. Dass das in Zeiten der smarten Fabrik so bleibt, dafür soll das Datenökosystem Manufacturing-X sorgen.

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
Der Digital Twin 
im Mittelpunkt

Der Digital Twin im Mittelpunkt

Die sechste Ausgabe der Stuttgarter Innovationstage am 28. Februar und 1. März stand ganz unter dem Leitthema des digitalen Zwillings. Weil der Begriff so vielschichtig ist und oft unterschiedlich interpretiert wird, ging der
Kongress sowohl auf Grundlagen zur Definition ein als auch auf konkrete Einsatzmöglichkeiten in der Produktion. Anwendungsbeispiele und Referenzen wurden ergänzt um aktuelle Projekte aus der Forschung. Kernbestandteil war in diesem Jahr ebenfalls wieder die ausgiebige Möglichkeit für Diskussion und Networking sowie ein Blick hinter die Kulissen des Veranstalters – in die Maschinenhalle des Instituts für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart (ISW).

Bild: ©Enrique del Barrio/stock.adobe.com
Bild: ©Enrique del Barrio/stock.adobe.com
Erschwerte Bedingungen

Erschwerte Bedingungen

Es sind eigentlich einfache Gesetze der Mechanik. Die falsche Kombination der wichtigen Parameter – Last, Hebel und Neigungswinkel – die dazu führen können, dass es zu Unfällen mit mobilen Arbeitsmaschinen kommt. Hohe Kosten und im schlimmsten Fall Personenschäden können die Folge sein. Der Einsatz von Sensoren und messtechnischen Lösungen integriert in die mobilen Maschinen kann dazu beitragen, Unfälle zu verhindern.