Interview mit Dr. C. T. Simmons, AMA Verband für Sensorik und Messtechnik

Digitalisierung als Chance für die Sensorik

Seit über zwei Jahren beherrscht die Covid-19-Pandemie unser Leben und hat dafür gesorgt, dass sich die Firmen recht schnell auf die neuen Gegebenheiten einstellen mussten. Welche Auswirkungen die Pandemie auf die Sensorik- und Messtechnikbranche hatte und welche möglichen Chancen sich daraus ergeben, wollte das SPS-MAGAZIN von Dr. C. Thomas Simmons, Geschäftsführer des AMA Verband für Sensorik und Messtechnik, erfahren.

Wie geht es der deutschen Sensorik- und Messtechnikbranche aktuell?

Dr. Thomas Simmons: Derzeit entwickeln sich sowohl die Umsätze als auch die Auftragseingänge unserer Mitglieder leicht positiv. Wir befragen diese regelmäßig zur wirtschaftlichen Entwicklung. Es gab pandemiebedingt rückläufige Umsätze und Auftragseingänge, die bis Mitte 2020 anhielten. Im ersten Quartal 2021 legte unsere Branche stark zu und die Umsätze übertrafen Ergebnisse, wie sie ohne Krise zu erwarten gewesen wären. Seit diesem Nachholeffekt hat sich der Branchenumsatz stabil gehalten und die Kurzarbeit ging deutlich zurück. Im dritten Quartal 2021 erwirtschafteten die AMA-Mitglieder ein Umsatzplus von plus minus null Prozent, verglichen mit dem Vorquartal. Die Auftragseingänge entwickelten sich positiv mit einem Plus von 4%, verglichen zum Vorquartal. Auffällig dabei ist, dass die kleinen bis mittelgroßen Unternehmen (KMU) im dritten Quartal eine deutlich höhere relative Änderung der Auftragseingänge meldeten, als die großen Unternehmen. Die Auswertung des vierten Quartals läuft derzeit, tendenziell erkennen wir eine Fortführung der beobachteten Trends mit stabilen Auftragseingängen und Umsätzen.

Ist die Covid 19 Pandemie eher eine Chance für die Branche für zusätzliches Wachstum oder eine Bedrohung der Firmen?

Simmons: Teils, teils. Durch die Pandemie gewinnt die Digitalisierung insgesamt deutlich an Fahrt. In vielen Unternehmen, auch den Anwenderbranchen, werden Informationen aus eigenen Datenerhebungen und daraus abgeleiteten Erkenntnissen immer wichtiger, um die eigenen Prozesse der Qualitätssicherung und der Produktentwicklung zu optimieren. Die Industrie setzt deshalb häufig auf mehr Vernetzung und Automatisierung innerhalb des Unternehmens, der Lieferanten und der Kunden. Gefordert ist dabei die intelligente Verknüpfung der verschiedenen Sensordaten mit anderen Informationen. Das ist für unsere Mitglieder eindeutig eine Chance.

Welche Firmen profitieren derzeit besonders von der aktuellen Situation?

Simmons: Laut unseren Umfragen konnten Lieferanten in die Medizintechnik und in die Energiewirtschaft im vergangenen Jahr zulegen, während der Maschinenbau und die Automobil- und die Elektrobranche pandemiebedingte Verluste verkraften mussten.

Die Lieferproblematiken werden immer größer. Wie gut gelingt es den eher kleinen Sensorherstellern, an notwendige Elektronikkomponenten zu kommen, um zukünftige Entwicklungen voran zu treiben bzw. um überhaupt Aufträge ausliefern zu können?

Simmons: Unsere Mitglieder haben Liefer- und Materialengpässe, wie fast alle Industrien. Fast 80% der AMA-Mitglieder geben an, weiterhin unter Materialengpässen durch die Lieferanten zu leiden. Unsere Branche rechnet damit, dass dieser Zustand bis Mitte oder Ende des laufenden Jahres anhalten wird. Zudem steigen die Preise der einzelnen Komponenten um ein Vielfaches. Die AMA-Mitglieder versuchen sich untereinander zu unterstützen, manchmal gelingt das auch. Bleibt zu hoffen, dass sich die anhaltenden Lieferschwierigkeiten mittelfristig beheben lassen.

Wie sieht es mit konkreten Hilfestellungen von Seiten der Bundes-/Landesregierungen für Ihre Mitglieder aus?

Simmons: In den Pandemie-Zeiten setzten viele Mitglieder auf Kurzarbeit. Das hilft unserer mittelständisch geprägten Branche zu überleben und ihre Fachkräfte an Bord zu halten. Viele klagen über den Mangel an Fachkräften, Kurzarbeitergeld ist ein adäquates Instrument fachlich ausgebildete Mitarbeiter zu halten. Zudem gab und gibt es Überbrückungshilfen, außerordentliche Wirtschaftshilfen bis hin zu Neustarthilfen. In diesem Jahr fördert der Bund die Messeteilnahmen kleinerer und mittlerer innovativer Unternehmen. Gefördert wird die Messeteilnahme auf Einzelständen, bei Bewilligung wird ein Zuschuss von 40% zu den Kosten für Standmiete und zum Standbau bis zu einer Gesamtsumme von 12.500 Euro pro Aussteller gewährt. Das wird unseren überwiegend klein- und mittelständischen Mitgliedern bei der Auftragsakquise helfen.

Wie sehen Sie die Chancen – nach zwei rein digitalen Veranstaltungen -, dass die Sensor+Test Mitte Mai stattfindet?

Simmons: Wir gehen davon aus, dass die Sensor+Test 2022 vom 10. bis 12. Mai in Nürnberg vor Ort stattfinden wird. Im vergangenen Herbst gab es die eine oder andere Fachmesse, die mit Hygienekonzept sehr erfolgreich umgesetzt wurde. Die dortigen Aussteller und Besucher waren zufrieden. Wir rechnen damit, dass die Sensor+Test 2022 insgesamt etwas kleiner wird, da die internationale Beteiligung sicherlich in diesem Jahr verhalten sein wird.

Herr Dr. Simmons, nach zwei Jahren Covid-19: Was vermissen Sie im aktuellen Berufsleben am meisten?

Simmons: Den persönlichen Austausch untereinander vermisse ich am meisten, das geht uns vermutlich allen so. Trafen wir uns früher auf Messen, Kongressen oder in Arbeitskreisen und tauschten uns über Fachliches und manchmal auch über Privates aus, so beschränkt sich das heute auf das Notwendige via Video-Call. Alles sehr schön, aber ehrlich gesagt freue ich mich sehr auf ein persönliches Wiedersehen auf der Sensor+Test 2022 mit unseren Mitgliedern, den Ausstellern, den Besuchern und natürlich auch der Fachpresse.

AMA Fachverband für Sensorik und Messtechnik e.V.

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