IO-Link versus Ethernet, oder IO-Link über Ethernet?

IO-Link over SPE

Wird durch das Vordringen von Single Pair Ethernet (SPE) in industrielle Anwendungen bis in die untere Feldebene IO-Link verdrängt, kann es eine Koexistenz von IO-Link und SPE geben oder gibt es möglicherweise eine Lösung, welche die Vorteile von IO-Link und SPE vereint? Mit diesen Fragestellungen hat sich die IO-Link Community beschäftigt und ist auf einen vielversprechenden Ansatz gestoßen, der Anfang des Jahres als Konzeptstudie veröffentlicht wurde.
 Bei IO-Link over SPE werden die IO-Link Master mit Standard IO-Link-Ports durch IO-Link Master mit SPE-Ports ersetzt. Ebenso erhalten IO-Link-Geräte eine SPE-Schnittstellen und werden direkt über die Twisted-Pair-Leitung auch aus dem Master mit Spannung versorgt.
Bei IO-Link over SPE werden die IO-Link Master mit Standard IO-Link-Ports durch IO-Link Master mit SPE-Ports ersetzt. Ebenso erhalten IO-Link-Geräte eine SPE-Schnittstellen und werden direkt über die Twisted-Pair-Leitung auch aus dem Master mit Spannung versorgt.Bild: IO-Link Community

Bei SPE handelt es sich um eine Reihe von Standards, die alle auf der IEEE802.3-Familie aufbauen, bzw. eine einheitliche Struktur des Ethernet-Frames verwenden. Lediglich die Definition des Physical Layers wird dabei ausgetauscht. Die SPE-Standards unterscheiden sich maßgeblich in der definierten Transferrate.

  • 10Base-T1: 10Megabit/s, Twisted-Pair
  • 100Base-T1: 100Megabit/s, Twisted-Pair
  • 1000Base-T1: 1.000Megabit/s, Twisted-Pair

Für den industriellen Einsatz ist Stand heute 10Base-T1 von primärem Interesse. Der zugehörige Standard IEEE 802.3cg ist seit Anfang des Jahres verabschiedet und veröffentlicht. Innerhalb dieses Standards sind wiederum drei Ausprägungen definiert.

  • 10Base-T1S (short-reach)
  • 10Base-T1L (long-reach)
  • APL (Advanced Physical Layer – intrinsic safe)

10Base-T1S ist multi-drop-fähig. Es können also mehrere Geräte an einem Strang angeschlossen werden. Die Leitungslänge ist allerdings auf 15 bis 25m begrenzt. 10Base-T1L definiert eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung und lässt bis zu 1.000m Kabellänge (Twisted-Pair) bei maximal 60W Leistung für das Endgerät zu. APL ist bezüglich der Kommunikation vollständig kompatibel zu 10Base-T1L, unterstützt aber nicht die dort definierten Leistungsklassen. Auf Grund der speziellen Anforderungen für den Explosionsschutz bis in Zone 0 ist bei APL die verfügbare Leistung für das Endgerät auf ca. 500mW begrenzt und die maximale Kabellänge gegenüber 10Base-T1L auf 200m reduziert. Aktuell entstehen Halbleiterlösungen für diese SPE-Schnittstellen, die 10Base-T1L und APL unterstützen werden.

Was ist IO-Link-over-SPE?

 Die Kernkomponenten der IO-Link-Kommunikation, die Implementierungen der Protokoll-Layer und die Funktionalitäten bleiben bei IO-Link over SPE unverändert.
Die Kernkomponenten der IO-Link-Kommunikation, die Implementierungen der Protokoll-Layer und die Funktionalitäten bleiben bei IO-Link over SPE unverändert.Bild:

In den gängigen Anwendungen innerhalb der Fabrikautomatisierung erfüllt IO-Link die meisten Anforderungen ohne Probleme. Mit der konstanten Vergrößerung des Portfolios an IO-Link-Geräten und der damit einhergehenden Verbreiterung der Anwendungsfelder, stößt IO-Link aber teilweise an technologische Grenzen. So bestehen durchaus Anforderungen, IO-Link über größere Distanzen als dem gegebenen Limit von 20m zu übertragen. Auch Anforderungen für die IO-Link-Kommunikation in explosionsgeschützte Bereichen sind bekannt. Hier stehen jetzt mit SPE 10Base-T1L und APL Lösungen zur Verfügung, die diese Anforderungen erfüllen. Muss daher für solche Anwendungsfälle das IO-Link-System verlassen werden? Meist wird Ethernet mit einer TCP-IP- oder UDP-basierten Kommunikation assoziiert. Eine TCP-IP Kommunikation erfordert deutlich komplexere Firmware-Strukturen im Vergleich zu IO-Link und die Erfüllung von hohen Sicherheitsanforderungen in den Endgeräten. Die Kommunikationsfähigkeit wäre damit wahrscheinlich nur den komplexeren Endgeräten vorbehalten. Würden die heute im Einsatz befindlichen IO-Link-Geräte mit einer TCP-IP Kommunikation ausgerüstet, so würde die Anzahl an notwendigen IP-Adressen geradezu explodieren. Zudem würde sich die einfache Integration bei IO-Link-Geräten in die verschiedenen Systemumgebungen grundlegend ändern.

 Einbettung der IO-Link-Nachrichtenstruktur in einen Ethernet Frame.
Einbettung der IO-Link-Nachrichtenstruktur in einen Ethernet Frame. Bild: IO-Link Community

Warum also nicht das bestehende System IO-Link beibehalten und um eine weitere physikalische Schnittstelle erweitern? Genau dies ist der Ansatz des Konzepts für IO-Link-over-SPE. Anstatt die IO-Link-Nachrichten als pulscodierte Telegramme über das klassische Dreileiterkabel mit 24V-Pegel zu übertragen, werden die IO-Link-Nachrichten in Ethernet-Frames verpackt und über einen SPE-Treiber über eine Twisted-Pair Leitung übertragen – ohne TCP-IP oder UDP. Die Kernkomponenten der IO-Link Kommunikation, die Implementierungen der Protokoll-Layer und die Funktionalität bleiben unverändert. Genauso wie die Integration in überlagerte System. Lediglich das Kommunikationsmedium wird ausgetauscht. Bild 3 zeigt die Einbettung der IO-Link-Nachrichtenstruktur in einen Ethernet Frame. Dies bedeutet, dass für IO-Link eine spezifische Nutzdatenstruktur erforderlich ist, die durch einen EtherType im Ethernet Frame gekennzeichnet ist. Folglich ist für die gezeigte IO-Link-spezifische Abbildung ein eigener EtherType erforderlich. In jedem Ethernet Frame, bzw. in den Nutzdaten findet eine komplette IO-Link-Nachricht Platz. Sie ist meist sogar deutlich kürzer als die minimal mögliche Nutzdatenlänge des Ethernet Frames, d.h. es werden mehr Daten übertragen als erforderlich. Die resultierende Zykluszeit für den Austausch von Ethernet Frames und damit auch der IO-Link-Nachrichten ist aufgrund der Übertragungsrate von 10MBit/s trotzdem deutlich kürzer als bei Standard-IO-Link. Über den gezeigten Header sind zukünftige Erweiterungen oder Änderungen des Protokolls möglich. Die Methodik, die bestehende Nachrichtenstruktur von IO-Link unverändert in einen Ethernet Frame einzubetten, ist die zentrale Idee hinter IO-Link-over-SPE. Diese Vorgehensweise ist gleichzeitig der Schlüssel, für die einfache Migration auf SPE (IO-Link-over-SPE) und die Wiederverwendbarkeit der Implementierungen und Tools.

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