Integration von Maschinen, Geräten und Anlagenteilen über Protokollgrenzen hinweg

Mittler zwischen den Welten

Die etablierten Feldbusse und Industrial-Ethernet-Protokolle leisten im Sinne der durchgängigen Automatisierung seit Jahrzehnten einen wertvollen Beitrag. Sie stoßen aber an ihre Grenzen, wenn in einer Anlage einzelne Komponenten zusammenarbeiten sollen, die unterschiedliche Protokolle verwenden. Bei der Wahl der dann erforderlichen Gateways sind verschiedene Aspekte von großer Bedeutung.
 Vertikales Gateway zwischen Ethernet/IP und Profinet
Vertikales Gateway zwischen Ethernet/IP und ProfinetBild: Softing Industrial Automation GmbH

Profinet und Ethernet/IP repräsentieren zusammen mehr als die Hälfte des Gesamtmarktes für Industrial Ethernet. Mit zweistelligen Zuwachsraten haben sie die klassischen Feldbusse mittlerweile eingeholt. Beide Standards wurden von ihren Nutzerorganisationen als Ergänzung bzw. Nachfolger der vormals propagierten Feldbusse spezifiziert und stehen somit seit ihren Anfängen im Wettbewerb. Die technische Eignung beider Protokolle ist – bei allen Unterschieden im Detail – für die meisten Anwendungsfälle gleich. Wesentliches Auswahlkriterium ist daher nicht der technische Aspekt, sondern vielmehr die Akzeptanz und Verbreitung im jeweiligen Markt. Für Ethernet/IP ist das schwerpunktmäßig Nordamerika, für Profinet Europa. Global agierende Anbieter müssen somit für beide Systeme passende Lösungen anbieten.

Expertise kapseln

Zwei komplett parallel geführte Umsetzungen ein und derselben Aufgabe sind aus der Sicht des Anbieters aber nicht wirtschaftlich. Europäische Maschinenbauer bündeln daher in der Regel ihr Knowhow rund um Profinet, da sie dafür in ihrem Heimatmarkt gut ausgebildetes Fachpersonal und eine große Auswahl an Komponenten vorfinden. Wenn sie trotzdem den Ethernet/IP-dominierten Markt bedienen wollen, bieten sich Kommunikations-Gateways an, die Details der einen Lösung so abbilden, dass sie sich leicht in das andere System integrieren lassen. Konzeptionell lassen sich zwei Gruppen einteilen: Horizontale Gateways agieren auf beiden Seiten wie ein Feldgerät. Der Datenaustausch mit dem Gateway wird aktiv von der Steuerung der jeweiligen Seite initiiert. Vertikale Gateways verhalten sich gegenüber dem Zielsystem, in das integriert werden soll, wie ein Feldgerät. Sie agieren aber auf der zu integrierenden Seite selbst als Steuerung. Das hat verschiedene Vorteile, wie am Beispiel des Ethernet/IP-zu-Profinet-Gateways epGate PN gezeigt werden soll.

Vertikale Integration

Das Gateway wird von der Steuerung im Ethernet/IP-Netz als Adapter angesprochen, also so wie andere Feldgeräte auch. Das epGate PN selbst agiert als sogenannter Profinet Controller und kann entsprechende Devices als Feldgeräte ansprechen. Anders als bei einem horizontalen Gateway kann so an der Profinet-Schnittstelle mehr als ein Gerät angeschlossen werden. Damit lassen sich komplexere Maschinen oder auch mehrere Subsysteme integrieren, ohne dass für jedes Profinet Device ein eigenes Gateway nötig wäre. Auch macht es die vertikale Architektur überhaupt erst möglich, ein Profinet-Feldgerät ohne eine externe Profinet-Steuerung datentechnisch an das Ethernet/IP-System anzuschließen. Das ist besonders dann interessant, wenn ein technisch überlegenes Gerät, in dem viel spezifisches Applikations-Knowhow steckt, nur für Profinet zur Verfügung steht, nicht aber für Ethernet/IP. Wie kann aber ein vollständiges Profinet-Steuerungssystem an das Gateway angeschlossen werden? Typische Siemens-Steuerungen automatisieren die lokale Applikation dieses Subsystems und enthalten entsprechende Zustandsinformationen und Steuerungsschnittstellen. Sie bieten aber auch die Möglichkeit, mit Hilfe des zugehörigen Engineering-Systems relevante Informationen und Schnittstellen in eine sogenanntes I-Device zu aggregieren und die bei Profinet erforderliche elektronische Beschreibung in Form einer GSD-Datei zu erstellen. Der Maschinen- oder Modulhersteller erstellt so in seiner Steuerung zusätzlich ein Profinet Device zur Anbindung an übergeordnete Systeme. Dieses I-Device kann epGate PN dann wie jedes andere Feldgerät in seine Konfiguration aufnehmen.

Bereitstellung umfassender Informationen

 Familie vertikaler Gateways zur Integration von
 Anlagenteilen in fremde Industrial-Ethernet-Systeme
Familie vertikaler Gateways zur Integration von Anlagenteilen in fremde Industrial-Ethernet-SystemeBild: Softing Industrial Automation GmbH

Für epGate PN steht ein Konfigurator zu Verfügung, mit dem die angeschlossenen Profinet Devices für den Datenaustausch eingerichtet und mittels ihrer GSD-Dateien parametriert werden. Im Gateway entsteht dabei ein Prozessabbild, das auf der Ethernet/IP-Seite zyklisch mit der dortigen Steuerung ausgetauscht wird. Neben den aktuellen Nutzdaten sind in diesem Prozessabbild auch Zustands- und Diagnoseinformationen über die Profinet-Seite enthalten. So kann die Ethernet/IP-Steuerung schnell reagieren, sollte ein Profinet-Gerät ausfallen. Umgekehrt können diese Feldgeräte je nach Parametrierung in den sicheren Zustand wechseln oder mit den letzten gültigen Werten weiterarbeiten, wenn die Ethernet/IP-Steuerung ausfällt. Um das Prozessabbild, möglichst bequem und ohne erneute Eingabe im Engineering der Ethernet/IP-Steuerung nutzen zu können, erstellt der Profinet-Konfigurator passende Importdateien für die Konfiguration. Damit erhält der Steuerungsprogrammierer direkten Zugriff auf die spezifischen Daten der Profinet Devices. Praktisch ist auch, dass alle Konfigurationsaufgaben am Gateway über den Ethernet/IP-Anschluss des Gerätes erfolgen können. Der Anwender kann so die Ethernet/IP-Steuerung und das Gateway vom selben Netzwerkzugang aus administrieren. Die Profinet-Seite des Gateways ist über eine interne Firewall von der Ethernet/IP-Seite getrennt, ein unerwünschter Durchgriff ist nicht möglich. Die Prozessdaten werden ausschließlich über die Gateway-Applikationsfirmware ausgetauscht. Zudem wurde das Gateway mit Tools wie Achilles gegen verschiedene Angriffsszenarien getestet.

Vergleichbare Mittel für Anlagen-Updates

Neben Devices für Industrial Ethernet gibt es eine beachtliche installierte Basis an Profibus-Anlagen. Um diesen Systemen kostengünstig Zugang zu Ethernet-basierten Strukturen zu verschaffen, wird oft nicht die gesamte Anlage umgestellt, sondern nur die Steuerungstechnik ausgetauscht. Die Feldinstallation mit Profibus soll aber erhalten bleiben. Auch hier helfen vertikale Gateways dabei, die Infrastruktur an aktuelle Steuerungen anzubinden. Um Profibus-Geräte mit Ethernet/IP-Steuerungen zu betreiben, bietet Softing das epGate DP an. Der web-basierte Profibus-Konfigurator des Gateways stellt dem Engineering-System der Steuerung die nötigen Informationen über das Prozessabbild zur Verfügung, das der interne Profibus-Master mit den konfigurierten und parametrierten Feldgeräten austauscht. Für den Betrieb von Profibus-Komponenten an einer Profinet-Steuerung bietet das pnGate DP sogar die Möglichkeit, optional auch alle Parameter der angeschlossenen Profibus-Geräte in der automatisch erzeugten, modularen Profinet-GSD-Datei zu beschreiben. Das gesamte Profibus-Subsystem lässt sich dann mit den gewohnten Profinet-Werkzeugen parametrieren, wenn das nicht bereits im Gateway auf Profibus-Ebene erfolgt ist.

Softing Industrial Automation GmbH

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Gorodenkoff - stock.adobe.com
Bild: Gorodenkoff - stock.adobe.com
Konkrete Vorteile durch TSN für die Industrie

Konkrete Vorteile durch TSN für die Industrie

Das Potenzial von transformativen Digitaltechnologien gemäß Industrie 4.0 ist in der Industrie unumstritten. Allerdings ist das damit verbundene große Datenaufkommen ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bergen diese Datenmengen ein Potenzial, das in Form wertvoller Informationen zur Prozessoptimierung verwendet werden kann. Andererseits drohen diese Datenmengen, sofern sie nicht gut gehandhabt werden, zu einer Datenflut anzuwachsen, die Unternehmen überfordert und somit mehr Probleme schafft, als sie löst.

Bild: ©jamesteohart/shutterstock.com / Softing Industrial Automation GmbH
Bild: ©jamesteohart/shutterstock.com / Softing Industrial Automation GmbH
Maschinenkonnektivität – als Teil von Edge Computing

Maschinenkonnektivität – als Teil von Edge Computing

Edge Computing ist ein Trendthema in der industriellen Produktion. Ausgehend von einer Definition des Begriffs Edge beschreibt dieser Artikel den aktuellen Stand der Technologie- und Marktentwicklung rund um Industrial Edge Computing. Besondere Berücksichtigung finden der Zusammenhang von Maschinenkonnektivität und Edge, sowie Fragen nach Betriebskonzepten und Skalierbarkeit von Industrial-IoT-Lösungen.

Bild: VDMA e.V.
Bild: VDMA e.V.
Von der Datatur 
zur Datokratie

Von der Datatur zur Datokratie

Maschinenbau und Elektrotechnik bilden die zwei Standbeine der industriellen Produktion. Zusammen stehen beide Branchen hierzulande für über 10.000 Unternehmen und über zwei Millionen Beschäftigte. Deutschland bildet folglich bislang das Gravitationszentrum und die Innovationsquelle der industriellen Automatisierung. Dass das in Zeiten der smarten Fabrik so bleibt, dafür soll das Datenökosystem Manufacturing-X sorgen.

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
Der Digital Twin 
im Mittelpunkt

Der Digital Twin im Mittelpunkt

Die sechste Ausgabe der Stuttgarter Innovationstage am 28. Februar und 1. März stand ganz unter dem Leitthema des digitalen Zwillings. Weil der Begriff so vielschichtig ist und oft unterschiedlich interpretiert wird, ging der
Kongress sowohl auf Grundlagen zur Definition ein als auch auf konkrete Einsatzmöglichkeiten in der Produktion. Anwendungsbeispiele und Referenzen wurden ergänzt um aktuelle Projekte aus der Forschung. Kernbestandteil war in diesem Jahr ebenfalls wieder die ausgiebige Möglichkeit für Diskussion und Networking sowie ein Blick hinter die Kulissen des Veranstalters – in die Maschinenhalle des Instituts für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart (ISW).

Bild: ©Enrique del Barrio/stock.adobe.com
Bild: ©Enrique del Barrio/stock.adobe.com
Erschwerte Bedingungen

Erschwerte Bedingungen

Es sind eigentlich einfache Gesetze der Mechanik. Die falsche Kombination der wichtigen Parameter – Last, Hebel und Neigungswinkel – die dazu führen können, dass es zu Unfällen mit mobilen Arbeitsmaschinen kommt. Hohe Kosten und im schlimmsten Fall Personenschäden können die Folge sein. Der Einsatz von Sensoren und messtechnischen Lösungen integriert in die mobilen Maschinen kann dazu beitragen, Unfälle zu verhindern.