Maritime Automation auf PLCnext-Basis

Applikative Systemredundanz

Bei der Entwicklung eines Redundanzsystems auf Basis der PLCnext-Technology stand bei Phoenix Contact neben der Offenheit die Flexibilität an erster Stelle. Denn die maritime Automation gestaltet sich durchaus unterschiedlich. So müssen bei der Steuerung der verschiedenen auf dem Schiff installierten Systeme oftmals andere Anforderungen umgesetzt werden, die sich auch auf die Bedürfnisse hinsichtlich einer Ausfallsicherheit auswirken.
 Die Verwendung offener und industriell erprobter Kommunikationsstandards sorgt für eine rationelle Integration der Redundanzmechanismen.
Die Verwendung offener und industriell erprobter Kommunikationsstandards sorgt für eine rationelle Integration der Redundanzmechanismen.Bild: ©Totowah/shutterstock.com

In den einschlägigen Vorschriften der Schiffsklassifizierungsbehörden werden die zum Betrieb eines Schiffs notwendigen Systeme anhand ihrer Funktion und Wichtigkeit in die Kategorien Essential, Important, Emergency und Non-Important unterteilt. Bereits an der Namensgebung lässt sich unschwer erkennen, dass die in den ersten drei Kategorien aufgelisteten Systeme zur Aufrechterhaltung des Schiffsbetriebs sowie für die Sicherheit an Bord unerlässlich sind. Unter Essential Services fallen sämtliche Systeme, welche die Manövrierbarkeit des Schiffs sicherstellen. Die Kategorie Important umfasst Systeme, die zwar nicht im direkten Zusammenhang mit der Manövrierbarkeit des Schiffs stehen, aber trotzdem für eine wichtige Funktion auf dem Schiff zuständig sind. Dabei kann es sich z.B. um Feuerlöschsysteme handeln.

In puncto technische Verfügbarkeit dieser Systeme gilt generell folgende Regel: Der Ausfall einer einzelnen Komponente darf nicht zum Ausfall einer wesentlichen Funktion auf dem Schiff führen. Für die Automatisierungstechnik, die zur Steuerung und Überwachung dieser Systeme verantwortlich ist, resultiert daraus der Einsatz redundanter Steuerungs- und Netzwerktopologien. In diesem Zusammenhang wird von hochverfügbaren Systemen gesprochen, deren spezieller Aufbau dafür Sorge trägt, dass das System beispielsweise beim Ausfall der Steuerung oder einer Netzwerkleitung auf die intakte, redundant ausgeführte Komponente umschaltet, um so den Ausfall des Systems zu verhindern.

  Prinzip der Profinet-S2-Systemredundanz
Prinzip der Profinet-S2-SystemredundanzBild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Bislang meist proprietäre Konzepte

In der maritimen Automatisierungswelt erweist sich diese Anforderung nicht als neu. Es gibt eine Reihe von Systemanbietern, die solche fehlertoleranten Systeme zur Verfügung stellen. Meist basieren die zum Aufbau einer Redundanz erforderlichen Erweiterungen der Kommunikationsprotokolle auf teils proprietären Mechanismen. Phoenix Contact bietet seit rund 15 Jahren ebenfalls ein Redundanzkonzept auf der Grundlage des klassischen Steuerungsportfolios an. In dieser Lösung wird im Kommunikations-Stack der Feldgeräte eine proprietäre Erweiterung vorgenommen, damit die Daten parallel zwischen den I/O-Stationen und den redundant ausgelegten Steuerungen übertragen werden können. In der Praxis verrichtet eine Vielzahl dieser Systeme ihren Dienst ordnungsgemäß und hat sich bewährt. Möchte ein Systemintegrator jedoch ein Feldgerät eines anderen Herstellers – etwa eine I/O-Station oder einen Frequenzumrichter – in das Netzwerk integrieren, ist dies lediglich bedingt oder überhaupt nicht möglich.

Bei der Implementierung der Redundanzfunktion in die neueste Steuerungsgeneration auf Basis der PLCnext-Technology hat der Hersteller daher die oberste Priorität auf die Verwendung offener und für jeden Gerätehersteller zugänglicher Industriestandards gelegt. Als Ergebnis beruht die sogenannte applikative Systemredundanz (ASR) auf mehreren generischen Kernelementen, welche die Redundanzfunktion in den verschiedenen Kommunikationsebenen einer Automatisierungslösung abbilden.

 Topologie der applikativen Systemredundanz (ASR) auf Basis der PLCnext-Steuerung AXC F 2152 mit den Profinet-Redundanzmechanismen MRP und SRL
Topologie der applikativen Systemredundanz (ASR) auf Basis der PLCnext-Steuerung AXC F 2152 mit den Profinet-Redundanzmechanismen MRP und SRLBild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Nutzung der Profinet-Redundanzmechanismen SRL und MRP

Das erste Kernelement, bei welchem der Redundanzmechanismus der Profinet-S2-Systemredundanz Anwendung findet, ist für den Datenaustausch zwischen I/O-Stationen und den redundant ausgeführten Steuerungen zuständig. Bei der Profinet-S2-Systemredundanz (SRL) bauen beiden SPS eine logische Kommunikationsbeziehung (AR) zur I/O-Station (Device) auf. Die I/O-Station versendet die Eingangsdaten parallel an beide Steuerungen und stellt somit für die SPS das identische Prozessdatenabbild bereit. Im Gegenzug übermitteln beide Steuerungen ihre Ausgangsdaten, versehen mit der momentanen Redundanzrolle – Primary oder Backup -, an die I/O-Station, wobei diese nur die Primary-Daten an die Ausgangsmodule weiterleitet. Tritt in der aktuellen Primary-SPS ein Problem auf, werden die Redundanzrollen getauscht und die I/O-Station übernimmt jetzt die Ausgangsdaten der Backup-Steuerung. Die Überwachung der beiden SPS untereinander sowie das Aushandeln der Redundanzrolle verantwortet ein Funktionsbaustein im Applikationsprogramm. Über weitere Funktionsbausteine lassen sich auch Werte von programminternen Variablen synchronisieren.

Seiten: 1 2Auf einer Seite lesen

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Gorodenkoff - stock.adobe.com
Bild: Gorodenkoff - stock.adobe.com
Konkrete Vorteile durch TSN für die Industrie

Konkrete Vorteile durch TSN für die Industrie

Das Potenzial von transformativen Digitaltechnologien gemäß Industrie 4.0 ist in der Industrie unumstritten. Allerdings ist das damit verbundene große Datenaufkommen ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bergen diese Datenmengen ein Potenzial, das in Form wertvoller Informationen zur Prozessoptimierung verwendet werden kann. Andererseits drohen diese Datenmengen, sofern sie nicht gut gehandhabt werden, zu einer Datenflut anzuwachsen, die Unternehmen überfordert und somit mehr Probleme schafft, als sie löst.

Bild: esd electronics GmbH
Bild: esd electronics GmbH
CAN-Netze zeitsparend einrichten und betreiben

CAN-Netze zeitsparend einrichten und betreiben

Bereits seit den 1980er-Jahren vereinfacht der CAN-Bus die Übertragungswege von und zu analogen und digitalen Geräten. Heute finden sich CAN-Bus-Netzwerke in vielen Branchen: von der Automobilindustrie über Automatisierungstechnik, Medizintechnik bis hin zur Flugzeugtechnik. Mit entsprechenden Software-Tools lassen sich CAN-Netzwerke zeitsparend einrichten, konfigurieren und managen.

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
Die beste Verbindung

Die beste Verbindung

Technologiebegeisterung verbinden die Gründer von Perinet, Dr.-Ing. E.h. Dietmar Harting, Unternehmer und Visionär sowie Geschäftsführer Dr.-Ing. Karsten
Walther. Und sie wollen etwas verbinden – nämlich die Internet- mit der Maschinenwelt. Ihre Vision: Sensoren im IIoT einfach an die IT anzubinden. SPS-MAGAZIN erfuhr im Gespräch, wie es dazu kam und warum sie dabei ganz auf SPE-Technologie setzen.

Bild: TeDo verlag GmbH
Bild: TeDo verlag GmbH
Mehr Drive für den 
Roboter

Mehr Drive für den Roboter

Fahrerlose Transportfahrzeuge und mobile Roboter gelten als Schlüsselelement für moderne Fertigungsstrukturen. Als Anbieter solcher Lösungen hat sich Safelog einen Namen gemacht und beliefert etwa die Automobilindustrie mit großen Stückzahlen. Das SPS-MAGAZIN war vor Ort in Markt Schwaben bei München, um sich darüber zu informieren, welche Rolle die verbaute Antriebstechnik von STXI Motion für den Erfolg der fahrerlosen Einheiten spielt.