Energy Harvesting durch Wiegand-Technologie

Fit für die vernetzte IoT-Welt

Längst haben kompakte Wiegand-Sensoren in Multiturn-Drehgebern und Durchflussmesser lästige Batterien ersetzt. Jetzt konnten im Rahmen eines F&E-Projekts entwickelte, leistungsstarke Wiegand Harvester zeigen, dass sie als Energy Harvesting-Komponente das Zeug zur Versorgung autonomer IoT-Sensoren haben.
 Die neuen Wiegand Harvester (rechts) 
liefern bis zu 50-mal mehr Energie als 
klassische Wiegand-Sensoren (oben links), bleiben aber kompakt.
Die neuen Wiegand Harvester (rechts) liefern bis zu 50-mal mehr Energie als klassische Wiegand-Sensoren (oben links), bleiben aber kompakt.Bild: Fraba B.V.

Vorgestellt wurde der Prototyp des neuen Wiegand Harvesters, der 50-mal mehr Energie als ein Wiegand Sensor liefert von Ubito, einem Startup der Fraba-Gruppe. Im Rahmen einer Labor-Demonstration konnte die Funktionsfähigkeit des Sensors beim Betrieb eines autonomen Sensorknotens, der sich problemlos in ein IoT-Netzwerk einfügen ließ, unter Beweis gestellt werden. Der Harvester erzeugte genügend Energie für die Stromversorgung der kompletten Sensorelektronik, einschließlich eines hocheffizienten Ultrabreitband/UWB-Funksenders. Der im Labor erzielte Durchbruch soll dazu beitragen, Wiegand-Systeme, die Energie aus den Bewegungen eines externen Magnetfelds gewinnen, neben etablierten Energy Harvesting-Techniken wie Solar-, Piezo- oder Thermoelektrik als verlässliche Energiequelle für autonome Sensoren in IoT-Netzwerken zu verankern.

 Links: Die beiden Wiegand-Harvester zwischen 
den Stabmagneten (unter der weißen Umhausung) und 
die Sende-Platine. Rechts: Die bis zu 60m entfernte Empfängerstation, welche die Daten per Funknetz einsammelt.
Links: Die beiden Wiegand-Harvester zwischen den Stabmagneten (unter der weißen Umhausung) und die Sende-Platine. Rechts: Die bis zu 60m entfernte Empfängerstation, welche die Daten per Funknetz einsammelt.Bild: Fraba B.V.

Mehr Output für neue Anwendungen

„Wiegand Sensoren, die auf Low Power-Output getrimmt sind und von uns seit 2014 als SMD-bestückbare Komponenten in riesiger Stückzahl gefertigt werden, bilden seit mehr als 15 Jahren eine Kernkomponente unserer Drehgebersparte Posital“, sagt Tobias Best, der die Initiative zur Entwicklung neuer Wiegand-Anwendungen von Singapur, dem Firmensitz von Fraba in Asien, koordiniert. „Während Wiegand-Systeme eine sehr zuverlässige batterielose, energieautarke Möglichkeit zur Erkennung und Aufzeichnung von Umdrehungen in Multiturn-Encodern und Durchflussmessern bieten, hatten wir schon lange einen wesentlich höheren Output beim Energy Harvesting, gekoppelt an komplett neue Anwendungen, im Visier“. Mit diesem Ziel vor Augen, wurde Anfang 2020 ein ambitioniertes F&E-Projekt gestartet, das darauf abzielte, die Energieleistung von Wiegand-Geräten deutlich zu verbessern und ihren Einsatz beim Betrieb autonomer IoT-Sensoren zu ermöglichen.

Im F&E-Projekt, das vom BMBF gefördert wurde, arbeitete das Team eng mit der FH Aachen zusammen. Dabei wurde das bisherige Wiegand-Knowhow komplett auf den Prüfstand gestellt, wobei zentrale Parameter in umfangreichen Magnetfeldsimulationen detailliert nachjustiert wurden. Fortschritte bei Low- Power-Mikrocontrollern, Wireless-Protokolle wie UWB und clevere Energiemanagement-Lösungen wurden in die Planungen einbezogen. Wesentliche Vorgabe war, die Baugröße des neuen Power-Sensors, mit den Basiskomponenten Wiegand-Draht und -Spule, möglichst kompakt zu halten. Nach gut zwei Jahren intensiver Arbeit konnte das F&E-Team Vollzug vermelden. Mit dem neuen Wiegand Harvester wurde ein Prototyp vorgestellt, der die 50-fache Energie eines klassischen Wiegand Sensors erzeugt. „Damit konnten wir endlich IoT-Netzwerke angehen, deren Daten drahtlos über größere Distanz an ein entfernt gelegenes Kommunikations-Gateway übertragen werden können,“ so Best.

 Sobald die Harvester beim Öffnen oder Schließen des Fensters die Magnete passieren, kommt es zu plötzlichen Polaritätswechseln und dem Auslösen der Wiegand-Pulse.
Sobald die Harvester beim Öffnen oder Schließen des Fensters die Magnete passieren, kommt es zu plötzlichen Polaritätswechseln und dem Auslösen der Wiegand-Pulse.Bild: Fraba B.V.

Prototyp mit großem Potenzial

Beim Demo-Projekt im Labor entschied man sich für einen IoT-Knoten in Kombination mit einen Fenstersensor, der als Gesamtsystem vollständig durch die per Wiegand Harvester bereitgestellte Energie betrieben wird. Dabei wurden zwei Wiegand Harvester und die dazugehörige Elektronik am Fenster montiert, während Stabmagnete am Rahmen angebracht wurden. Die kompakten Harvester bestehen aus einem 21mm langen, aufwändig konditionierten Wiegand-Draht, der in eine Spule eingebettet ist. Sie haben die Größe einer AAA-Batterie (d=7,5mm). Jedes Mal, wenn das Fenster geöffnet oder geschlossen wird, gleiten die Harvester an den Magneten vorbei, was in dem hochsensiblen Wiegand-Draht abrupte magnetische Polaritätswechsel auslöst. Die über diese Pulse generierte Energiemenge ist unabhängig davon, wie schnell oder langsam das Fenster bewegt wird – ein USP der Wiegand-Technologie. Die durch die Umpolung getriggerten Impulse erzeugen 10J Energie pro Harvester: Genug, um den Mikrocontroller zu aktivieren und den im System integrierten Temperatursensor auszulesen. Das Team fügte ein UWB-Sendemodul hinzu, mit dem das 134Byte-große Datenpaket problemlos an eine 60m entfernte Empfangsstation gefunkt werden konnte.

„Noch haben wir es mit ersten Prototypen und Lab-Demos zu tun, nicht mit einem fertigen Produkt,“ fasst Best zusammen. „Immerhin haben wir gezeigt, welches Potenzial in der Wiegand-Technologie steckt und was sich schon jetzt durch die Kombination unserer Energy Harvester mit handelsüblichen elektronischen Komponenten machen lässt.“ Welche Marktchancen sich künftig für kommerzielle Sensorsysteme auf Wiegand-Basis bieten, zeigen seriöse Prognosen. So wird das Industrielle Internet of Things in den kommenden zehn Jahren um das Dreifache wachsen. „Spannende Zeiten,“ so Best. „Für uns – und für Wiegand!“

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