Vorausschauende Eigendiagnose
Zu diesen Zwecken stellt das IS1+ System verschiedene Mechanismen bereit, mit denen sich die ordnungsgemäße Funktion von HART-Geräten kontrollieren, Drahtbrüche in Verbindungen oder Kurzschlüsse bei einfacheren Geräten wie Näherungssensoren, Kontakten oder Magnetventilen detektieren lassen. Eine gänzlich neue Funktionalität des IS1+ betrifft die vorausschauende Diagnose, bei der die einzelnen Systemkomponenten auf Basis präziser interner Messungen der Umgebungs- und Betriebsbedingungen die eigene altersbedingte Ausfallwahrscheinlichkeit ermitteln. Die errechnete Ausfallwahrscheinlichkeit wird zwölf Monate vor dem prognostizierten Ereignis gemeldet, um eine ausreichende Zeitspanne für den Ersatz zu gewährleisten. Neben der Meldung, die an das Leitsystem und Plant-Asset-Management-System gesendet wird, signalisiert eine blaue LED gemäß Namur NE107 am Gehäuse dem technischen Personal vor Ort den bestehenden Wartungsbedarf.
Ertüchtigung von IS1+ für OPC UA
Im Rahmen der Entwicklungsarbeiten an der Namur Open Architecture werden auch künftige Use Cases für Remote I/O-Systeme diskutiert. Während es bei der etablierten Prozesssteuerung und ihrer Einbindung in Prozessleitsysteme außer der optionalen Ethernet-Kommunikation zu keinen grundlegenden Änderungen kommt, gewinnt der zweite Kanal für Automatisierungsnetzwerke erheblich an Bedeutung. Für den Ausbau des transparenten Parallel-Datenaustausches erweist sich der plattformunabhängige Standard OPC UA (Unified Architecture) als vorteilhaft. Denn OPC UA übermittelt nicht nur Geräte- und Maschinendaten, sondern ist zudem in der Lage, diese Daten in einer maschinenlesbaren Semantik abzubilden. Als standardisiertes Informationsmodell dient die OPC UA Companion Specification, in der Geräteklassen und ihre für die Maschinenkommunikation relevanten Funktionen bzw. Speicheradressen einheitlich und herstellerunabhängig hinterlegt werden. Auf dieser Grundlage können die Informationsmodelle vollständig von Computern ausgewertet und weiterverarbeitet werden. Anders als z.B. im Robotikbereich haben sich die Companion Specifications in der Prozessautomatisierung noch nicht etabliert. Deshalb begann die FieldComm Group (FCG) im Jahr 2017 zusammen mit der OPC Foundation, später auch mit Unterstützung von Profibus/Profinet International, ein Process Automation Device Information Model, kurz: PA-DIM, zu spezifizieren. Das PA-DIM orientiert sich zu großen Teilen an den Anforderungen der Namur Open Architecture sowie den Namur Empfehlung NE107 ‚Selbstüberwachung und Diagnose von Feldgeräten‘ und NE131 ‚Namur-Standardgerät – Feldgeräte für Standardanwendungen‘. Im Juni 2020 wurde die Version 1.0 der PA-DIM veröffentlicht. Ein halbes Jahr zuvor hatte R. Stahl an einem Use Case für Remote I/Os auf Basis von PA-DIM gezeigt, wie sich Bestandsanlagen mit Profibus DP-Protokoll ohne große Umbauten und unter Weiterverwendung der installierten HART Feldgeräte in die neue NOA Welt überführen lassen. Zu diesem Zweck hatte der Hersteller einen OPC UA Server in der CPU-Baugruppe des IS1+ Systems implementiert, der über den zweiten Kanal HART-Informationen angeschlossener Feldgeräte mit Edge Gateways oder Cloud-Systemen mittels PA-DIM austauscht.
Ausblicke
Bis zum Praxiseinsatz dieser Lösung wird noch Zeit vergehen, da im ersten Release der PA-DIM bzw. in den OPC UA Companion Specifications weder das standardisierte, herstellerunabhängige Mapping der HART-Daten noch Remote-I/O-Systeme berücksichtigt sind. Dennoch erweitert die OPC UA-Funktionalität in IS1+ bereits heute die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für die IP-Kommunikation im Feld. Im Umfeld unterschiedlicher Digitalisierungsprojekte wie NOA, Modulare Automation oder Open Process Automation (OPA), aber auch bei den Themen ‚Ethernet in the Field‘ bzw. Ethernet-APL zeigt sich die wichtige Bedeutung der Remote-I/O-Technik.
R. Stahl arbeitet mit und in diesen Arbeitsgruppen kontinuierlich an anwendungsorientierten Lösungen und Erweiterungen.