Docker in der Automatisierungstechnik

Zentrales Werkzeug für IT/OT-Konvergenz

IT und Automatisierungstechnik wachsen immer stärker zusammen. Dabei bietet es sich an, bereits bestehende und erprobte Mechanismen aus dem einen Gebiet auch im anderen zu nutzen. Ein gutes Beispiel dafür ist Docker, eine Lösung zur Isolierung von Anwendungen mit Containervirtualisierung. Wago hat seine Steuerungen der PFC-Familie schon im Frühjahr 2019 Docker-ready gemacht. Welche Vorteile für die Steuerungsprogrammierung mit dieser Technologie einher gehen, erklärt Dr. Thomas Holm, Innovationschef bei Wago, im Interview mit dem SPS-MAGAZIN.

Warum sollten sich die Leser des SPS-MAGAZINs mit Docker beschäftigen?

Bild: Wago Kontakttechnik GmbH & Co. KG

Dr. Thomas Holm: IT und Automatisierungstechnik rücken immer näher aneinander. In diesem Zug wird viel von der IT-Entwicklungsdynamik auf die Automatisierungstechnik übergehen. Wenn man sich z.B. anschaut, wie heute Software im Cloud- und IoT-Bereich entsteht, liegt es nahe, dort etablierte Methoden auch für die Produktion zu nutzen. Die Anwender im Maschinenbau sollten sich mit diesen also unbedingt auseinandersetzen. Eine dieser Technologien ist Docker, mit der sich Software sehr modular – und flexibel für spätere Anpassungen – gestalten lässt. Das Deployment von Applikationen ist mit der Containervirtualisierung einfach und sicher möglich. Grund genug für Wago, sie auch in unseren Steuerungslösungen zu implementieren.

Spielt hier auch das große Schlagwort der Durchgängigkeit hinein?

Holm: Ja. Ich gehe davon aus, dass sich die Grenzen innerhalb der Automatisierungspyramide und darüber hinaus früher oder später auflösen. Deswegen sind nicht nur durchgängige Kommunikationsstandards gefragt, sondern auch einheitliche Entwicklungsmethoden und das entsprechende Softwaredeployment. Nur so lassen sich moderne Algorithmen – z.B. für das maschinelle Lernen – in der Produktion wirkungsvoll einsetzen. Mit Docker kann der Anwender die gleichen Mechanismen anwenden – von der Cloud bis in die Kleinsteuerung. Aus Wago-Sicht handelt es sich deshalb um eines der zentralen Werkzeuge für die geforderte IT/OT-Konvergenz.

Ist Docker denn fit für die besonderen Anforderungen der Automatisierung?

Holm: Docker ist Linux-nativ und greift auf viele Eigenschaften aus dieser Welt zurück. Auch Wago setzt innerhalb der PFC-Steuerungsfamilie seit 2006 auf Echtzeit-Linux und dessen Vorteile. Diese Controller sind also für die Mechanismen von Docker prädestiniert; es entstehen keine Einschränkungen in Bezug auf die Echtzeitfähigkeit. Gleichzeitig wird aber der durchgängige Workflow von der Entwicklung einer Applikation bis zu deren Übertragung auf die Steuerung sichergestellt.

Ist Wago durch sein langjähriges Engagement auf Linux-Seite dem Wettbewerb an dieser Stelle voraus?

Holm: Die Firmware unserer PFC-Controller ist seit 2019 Docker-ready. Damit zählen wir zu den ersten, die diese Marktanforderung erfüllen. Mittlerweile hat auch der ein oder andere Marktbegleiter das Potenzial von Docker erkannt und will die Funktionalität künftig anbieten. Das Wago-Angebot ist in seiner Form heute aber sicherlich noch einzigartig.

Wie einfach ist Docker für den Automatisierungstechniker anwendbar?

Holm: Klassische SPS-Programmierer müssen sich schon etwas mit Linux und mit der Containertechnologie beschäftigen, um zu verstehen, welchen Strauß neuer Möglichkeiten Docker für die Automatisierung bedeutet. Viele Anwender haben dieses Knowhow aber schon aufgebaut, z.B. im Raspberry-Pi-Umfeld. Von dort aus lässt sich die Brücke zur SPS-Technik leicht schlagen.

Wie fit muss der Anwender in Linux-Fragen sein?

Holm: Keine Angst, man muss keine Kernel-Programmierung beherrschen. Ganz im Gegenteil: Wenn man mit Raspberry Pi sicher umgehen kann, dann sollte auch Docker kein Problem sein. Für klassische SPS-Programmierer bieten wir zudem über unsere Engineering-Umgebung eCockpit auch die Möglichkeit, beide Welten zu verbinden.

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Wago Kontakttechnik GmbH & Co. KG

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