Docker in der Automatisierungstechnik

Zentrales Werkzeug für IT/OT-Konvergenz

IT und Automatisierungstechnik wachsen immer stärker zusammen. Dabei bietet es sich an, bereits bestehende und erprobte Mechanismen aus dem einen Gebiet auch im anderen zu nutzen. Ein gutes Beispiel dafür ist Docker, eine Lösung zur Isolierung von Anwendungen mit Containervirtualisierung. Wago hat seine Steuerungen der PFC-Familie schon im Frühjahr 2019 Docker-ready gemacht. Welche Vorteile für die Steuerungsprogrammierung mit dieser Technologie einher gehen, erklärt Dr. Thomas Holm, Innovationschef bei Wago, im Interview mit dem SPS-MAGAZIN.

Viele Nachwuchsentwickler tun sich mit den IEC61131-Programmiermethoden schwer. Bietet hier das Linux- und Docker-Angebot von Wago eine attraktive Alternative?

Holm: Auf jeden Fall. Der Anteil der Entwickler, die Hochsprachen beherrschen, steigt mittlerweile überproportional gegenüber denen, die IEC61131 können. Diesen Wechsel der Entwicklergenerationen können wir mit unserem Angebot wunderbar begleiten und die junge Generation abholen. Sie muss sich dann nicht mehr unbedingt mit den speziellen Ausprägungen der klassischen zyklusbasierten SPS-Programmierung auseinandersetzen. Natürlich hat die IEC61131 ihre Vorteile, gerade für die Kernaufgabe der Steuerungs- und Regelungsprogrammierung. Bei der künftig immer stärker gefragten Auswertung von mathematischen Variablen kommt sie aber schnell an ihre Grenzen. Diesem Funktionszuwachs in Industriesteuerungen kommt unser Docker-Ansatz sehr entgegen.

Wie richtet sich Wago damit an seine Kunden?

Holm: Wir haben einiges vorbereitet und auch schon Projekte umgesetzt, z.B. im Bereich Analytics. Dabei arbeiten wir mit verschiedenen großen Namen zusammen, sowohl in der Vorentwicklung als auch schon in der praktischen Anwendung. Zudem hat Wago einen Github- und einen Docker-Hub-Account eingerichtet, auf denen der Anwender verschiedene Open-Source-Applikationen findet. Das sind in der Regel Lösungen, die sich recht allgemein einsetzen und gut übertragen lassen. Wie gut sie in der Branche schon ankommen, lässt sich anhand der hohen Downloadzahlen ablesen.

Kann der Anwender die vorbereiteten Applikationen kostenfrei nutzen?

Holm: Ja, Wago setzt hier weiterhin auf Offenheit. Deshalb lässt sich unser aktuelles Angebot auf Github und Docker Hub komplett kostenfrei nutzen. Aber weil wir es konsequent ausbauen, werden mittelfristig vermutlich auch Features darunter sein, die über den reinen Open-Source-Ansatz hinausgehen. Hier werden in Zukunft auch Applikationen von Drittanbietern angeboten, sofern sie den Qualitätsansprüchen von Wago genügen.

Wie aufwändig ist es, die Open-Source-Applikationen auf den eigenen Anwendungsfall zu adaptieren?

Holm: Unsere Kunden sind ja ausgesprochen kreativ, was den Einsatz von Wago-Controllern angeht. Wir müssen also sicherstellen, dass unser Angebot dieser Kreativität und der zunehmenden Dynamik gewachsen ist. Das war ein weiteres wichtiges Argument für Docker, denn eine Anpassung der entsprechenden Applikationen ist nicht schwer. Folglich können unsere Kunden auch besser von Anwendungen aus anderen Marktsegmenten lernen. Es ist also ganz anders als bei den klassischen proprietären Steuerungssystemen. Docker bietet aus meiner Sicht einen vorzüglichen Weg, um der zunehmenden Flexibilisierung und Modularisierung auf Seite der Softwareentwicklung zu begegnen. Insgesamt bleibt Wago seiner Philosophie treu: Wir bieten dem Markt ein Steuerungsportfolio, das einfach nutzbar ist und auf einem modularen Ansatz basiert.Und mit der Containertechnologie tragen wir der Zukunftsfähigkeit unserer Kunden Rechnung.

Kommt die Automatisierungstechnik der Zukunft immer stärker von der IT-Seite?

Holm: Der Einfluss steigt definitiv. Die Automatisierungstechnik selbst verändert sich aber ebenfalls sehr stark. Und das ist auch gut so. Alles, was wir heute beim Thema Edge-Computing sehen, ist insbesondere auch aus der Automatisierung geprägt. Wir als Steuerungsanbieter müssen also weiterhin die Verfügbarkeit einer Maschine sicherstellen – auch wenn die Internetverbindung abbricht. Gleichzeitig müssen wir durch die IoT-Anbindung neue Features gewährleisten, die über die IT-Infrastruktur initiiert sind. Erst in der Kombination liegt dann der wirkliche Mehrwert.

Wie geht es weiter mit dem Thema Docker bei Wago?

Holm: Wir treiben Docker auch aus einer Vision heraus. Nämlich der stark zunehmenden Dynamik im Umgang mit Software in der Automatisierungstechnik. In der Smart Factory muss die Steuerungs- und Analysesoftware zunehmend auf Kontextwechsel reagieren. Ist sie dazu nicht in der Lage, muss man sie komplett, rückstandsfrei und vor allen schnell austauschen können. (mby)

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Wago Kontakttechnik GmbH & Co. KG

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