Welche Anforderungen stellen heterogene Netzwerke an den Switch?

Wie industrielle Kommunikation zuverlässig gelingt

Welche Innenstadt kann es sich leisten, vier Autospuren nebeneinander zu planen: Eine für den normalen Kfz-Verkehr, eine für Lkw und Busse, eine für Krankenwagen und eine für die Feuerwehr? Was diese Frage mit heutigen industriellen Netzwerken zu tun hat, darüber sprechen wir mit den Geschäftsführern von Indu-Sol Karl-Heinz Richter und René Heidl in unserem Interview. Wir klären auch, wie sich Netzwerke weiterentwickeln, warum sich die Kriterien verändern, die Maschinenbauer für die Auswahl eines Netzwerkswitches ansetzen und ob wir TSN und mehr Bandbreite brauchen.

Redaktion: Aber in heterogenen Netzen sollten Maschinen- und Anlagenbauer andere Kriterien ansetzen? Warum?

Richter: Jetzt hat man es eben mit einer Vielzahl von Anwendungen und Kommunikationsprotokollen zu tun. Manche sind kurz und werden oft verschickt, andere lang und kommen dafür seltener. Ein klassischer Profinet Switch ist z.B. für kurze Profinet-Protokolle optimiert. Lässt man jetzt aber eine Visualisierungsapplikation über denselben Switch laufen, ist der dafür nicht optimiert und es kommt zu Problemen. Über Datenverlust usw. haben wir ja schon gesprochen …

Bild: Indu-Sol GmbH

Redaktion: Was ist die Alternative?

Richter: Nun, entweder entscheidet man sich eben für jede Applikation eine eigene Leitung zu verlegen. Das wird aber sowohl bei der Installation als auch bei der Instandhaltung teuer. Oder man setzt andere Kriterien bei der Wahl des Switches an.

Redaktion: Welche Kriterien sind bei der Wahl des Switches heute wichtig?

Heidl: Die Bandbreite. Man sollte von Anfang an darüber nachdenken den Backbone einer Maschine im Gigabit auszuführen, also Backplane Capacity, Data Throughput, Buffer Size und Buffer Pagesize (Erklärungen siehe Technikkasten 2) als Hauptargumente für die Wahl des Switches ansetzten anstatt den Namen des Herstellers. Übrigens im IT-Bereich wird das längst so gehandhabt. Warum sich der OT-Bereich (OT = Operational Technology) hier völlig anders verhält, ist nicht nachvollziehbar. Dann hätte man jedenfalls ausreichend Spielraum, um die Daten aller Applikationen im heterogenen Netzen zuverlässig zu übertragen.

Redaktion: Wenn ich das richtig verstehe, dann bedeutet das, dass man entweder weiterhin eine Übertragungsrate von 100MBit/s verwenden kann aber dann TSN benötigt oder eine Übertragungsrate von 1GBit/s nutzt und dann auf TSN verzichtet. In beiden Fällen würde sich die real verfügbare Bandbreite erhöhen. In Anbetracht des Preisdruckes würde man sich dann für Gigabit entscheiden, da TSN Komponenten aufgrund der erforderlichen Zeitgenauigkeit deutlich teurer werden. Stimmt das?

Heidl: Das sind Ihre Schlussfolgerungen. Ich werde darauf nicht weiter eingehen, kann diesen aber nicht vollkommen widersprechen.

Redaktion: Wenn sich die Welt der industriellen Kommunikation so sehr verändert hat, lassen sich mich noch mal an unsere Einstiegsfrage anknüpfen: Sieht das Betätigungsfeld Ihres Unternehmens anders aus als vor 18 Jahren?

Richter: Ja. Wir verändern uns seit Jahren mehr und mehr vom Diagnoseanbieter zum OT-Netzwerkausrüster. Allerdings wird wohl nie ein Unternehmenszweig den anderen ganz ablösen. Trotzdem haben wir den Bereich Hardware konsequent ausgebaut. Eine Neuentwicklung in diesem Bereich ist unser Managed Industrial Ethernet Switch PROmesh P10 (Bild 3).

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